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6 kehrten Verhiiltnis ihrer Halbwertszeiten, wenn die Reihe sich im inneren radio- aktiven Gleichgewicht befindet. Das Produkt aus der Zahl der vorhandenen Atome und der Zerfallskonstante (die der reziproken Halbwertszeit proportional ist) muB ja im stationiiren Zustand fiir jedes Glied den gleichen Wert haben. Daher ist die Gesamtaktivitiit eines kurzlebigen Gliedes einer Reihe (z. B. des Radon) im Prinzip ebensogut meBbar wie die Gesamtaktivitiit eines liinger- lebigen Gliedes derselben Reihe (z. B. des Radiums), mit dem es im radioaktiven Gleichgewicht steht, obwohl die vorhandene Gewichtsmenge so auBerordentlich viel kleiner sein kann. Voraussetzung ist nur, daB die Halbwertszeit nicht so klein ist, daB der Stoff dem Radiochemiker "zwischen den Fingern zerrinnt". Unter dieser Voraussetzung lassen sich in der Praxis die kurzlebigen Stoffe sogar leichter messen als die langlebigen Stoffe gleicher Gesamtaktivitiit. Je kleiner niimlich die Masse der Probe ist, desto vollstiindiger tritt die Strahlung aus der Probe aus und in das MeBgeriit ein. v Die von SODDY so klar zusammengefaBpen Verhiiltnisse haben dazu gefiihrt, daB radiochemische Methoden sich zur analytischen Bestimmung von natiirlichen Radioelementen mittlerer Halbwertszeit (z. B. des Radiums; genauer: des Radiumisotops der Uranreihe) als zweckmiiBig, zur analytischen Bestimmung von Radioelementen kurzer Halbwertszeit (z. R. des Poloniums) sogar als un- entbehrlich erwiesen haben. Zur Bestimmung langlebiger Radioelemente (z. B. des Urans) haben sich radiochemische Methoden nur in Sonderfiillen durch- gesetzt. Die Besprechung dieser Methoden zur Analyse natiirlich radioaktiver Stoffe ist in den entsprechenden Abschnitten des Kapitels IX durchgefiihrt.
Titrimetrische Methoden zur Bestimmung des Urans weisen gegeniiber den gravimetrischen Verfahren (s. Abschnitt 1) mehrere Vorteile auf. Man kann mit ihnen das Uran in einem wesentlich gro.6eren Konzentrationsbereich, miteingeschlossen Mikrogrammengen dieses Elements, erfassen, und die Bestimmungen lassen sich innerhalb einer wesentlich kiirzeren Zeit mit oft gro.6erer Genauigkeit als gravi- metrische durchfiihren. Ferner werden die Titrationsmethoden nicht so stark durch Fremd-Ionen gestort. Die titrimetrischen Verfahren zur Uranbestimmung lassen sich ganz allgemein in zwei gro.6e Gruppen unterteilen, und zwar in eine solche, in der die Titration des Urans nach vorhergehender Reduktion zum Uran(IV) erfolgt, und in eine andere Gruppe, deren Methoden auf der Titration von Uran(VI)-Ionen (Uranyl-Ionen) beruhen. Nach vorangehender Reduktion des Urans(VI) zum vierwertigen Oxydations- zustand mittels geeigneter Reduktionsmittel (s. Abschnitt 2.2) wird das Uran(IV) mit Cer(IV)-, Kaliumpermanganat-, Kaliumdichromat-, Vanadat-, Eisen(III)-losun- gen usw. titriert (s. Abschnitt 2.3.1). Zur Endpunktsanzeige der Titration konnen visuelle, spektrophotometrische oder elektrometrische Verfahren herangezogen werden. Dieses Redoxprinzip, nach dem das vorher reduzierte Uran durch diese Oxydationsmittel wieder in den sechswertigen Zustand zuriickgefiihrt wird, stellt die Grundlage der meisten und genauesten, bis jetzt bekannt gewordenen titrimetrischen Methoden zur Uran-Bestimmung dar. Es ist auch moglich, das Uran(IV) unter An- wendung geeigneter Indikatoren komplexometrisch zu bestimmen (s. Abschnitt 2.3.2).
Wenn auch die ersten Anfange der analytischen Bearbeitung kleiner Substanz- mengen viel weiter zuriickliegen, so wird doch allgemein die Zeit der letzten Jahrhundertwende als der Beginn jener Forschungsrichtung angesehen, die heute als "Mikrochemie" bezeichnet wird. Die grundlegenden Arbeiten der beiden Pioniere auf diesem Gebiet, FRIEDRICH EMICH und FRITZ PREGL, liegen nun etwa ein halbes Jahrhundert zuriick. Die von ihnen geschaffenen Methoden erwiesen sich nicht nur als auBerordentlich brauchbar, sie verdrangten nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Makromethoden aus den modernen Laboratorien, sondern die genialen Gedankengange dieser beiden Schopfer der Mikrochemie waren gleichzeitig der AnstoB zum Beginn einer neuen Ara fruchtbarer Ent- wicklung fast aller Zweige der Chemie, da nunmehr Probleme der erfolgreichen Erforschung zuganglich wurden, deren Bearbeitung bis dahin aus experimentellen Griinden unmoglich war. Insbesondere fiir die analytische Chemie begann eine Zeit des Aufschwunges, die durch die Ausarbeitung immer neuer Verfahren zur Untersuchung kleinster Substanzmengen gekennzeichnet ist, deren mannigfaltige Vorteile gegeniiber der makrochemischen Arbeitsweise heute unbestritten sind. Es scheint daher berechtigt, das auf diesem Gebiet Geschaffene zu sichten und zusammenzufassen, urn damit aus der reichen Fiille der Literatur den Chemikern in Forschung und Technik eine Ubersicht zu bieten und die Auswahl der fur bestimmte Zwecke jeweils am besten geeigneten Methoden zu erleichtern. Zwar existieren neben dem grundlegenden Standardwerk PREGLS "Die quantita- tive organische Mikroanalyse" und EMICHS "LehrbucR der Mikrochemie" bereits zahlreiche ausgezeichnete Biicher, die auf einzelnen Teilgebieten der Mikrochemie vorziigliche Darstellungen des modernen Methodenschatzes bieten, aber bis jetzt liegt noch kein das Gesamtgebiet umfassendes Handbuch vor.
Kein Zweig der analytischen Chemie hat eine so stiirmische Entwicklung genommen wie die Elektronenstrahl-Mikroanalyse. Es ist das groBe und bleibende Verdienst von R. CASTAING und A. GUINIER, uns durch Schaffung eines ge- eigneten Gerates den Elektronenstrahl als brauchbares "Reagens" auch zur quantitativen Analyse in die Hand gegeben zu haben. Selbstverstandlich waren die Erfahrungen, die bei der Erzeugung von Elektronenmikroskopen gemacht wurden, eine wesentliche Voraussetzung zum Bau eines Elektronenstrahl-Mikro- analysators oder einer "Mikrosonde", wie ein derartiges Gerat auch oft genannt wird (Microprobe-analyzer, microsonde electronique), doch muBte auch die moderne Rontgenspektroskopie in geeigneter Form herangezogen werden, um ein "Analysengerat" zu schaffen, das heute bereits weitgehend programmierte Arbeitsschritte selbsttatig tun kann. Das Anwendungsgebiet der Elektronenstrahl-Mikroanalyse reicht jetzt schon von der qualitativen Untersuchung einer Elementverteilung bis zu quantitativen Punktanalysen im Mikrometerbereich. Bei geeigneter Praparationstechnik kann auBer der hervorragend geeigneten metallischen Untersuchungsprobe auch nichtmetallisches, biologisches, medizinisches und mineralogisches Probegut untersucht werden. Das vorliegende Buch solI eine Einfiihrung in diese faszinierende Arbeits- technik sein und zeigen, daB zwar der Elektronenstrahl die maBgebende Rolle spielt, daB aber auch andere Faktoren, wie z. B. Probenhomogenitat und Proben- oberflache, ahnlich groBe Bedeutung haben, da das MeBsignal ein Ergebnis aus den Wechselbeziehungen zwischen Probe und Elektronenstrahl ist. Weiters solI dargelegt werden, daB nicht nur die erzeugten Rontgenstrahlen zur analytischen Aussage herangezogen werden konnen, sondern auch andere Erscheinungen, wie Elektronen- und Rontgenstrahlenabsorption. Meinen Assistenten, Herrn Dipl.-Ing. Dr. techno H. H. ARLT und Frau Dipl.- lng. G. SCHADEN, mochte ich an dieser Stelle fiir ihre wertvolle Mitarbeit herzlich danken.
Die Mikroanalyse befaBt sich zum Unterschied von der Makroanalyse mit der Ermittlung kleiner und kleinster Stoffmengen. Sie ist zwar an sich nur ein Teil der umfassenderen Mikrochemie, doch Jiegt die groBe Mehrzahl aller mikrochemischen Untersuchungen auf mikroanalytischem Gebiete, womit aber keineswegs die Bedeutung etwa der mikroprapara tiven Methoden geschmalert werden solI. Die Mikroanalyse gliedert sich ebenso wie die Makroanalyse in einen qualitativen und einen quantitativen Zweig. Bei jedem dieser Teil gebiete k6nnen selbstverstandlich wieder die organische und die anorgani sche Richtung unterschieden werden, wobei jedoch gewisse Ubergange feststellbar sind. Die Methoden der quantitativen Mikroanalyse werden ]e nach der Technik, deren sie sich bedienen, als Mikrogewichtsanalyse, MikromaBanalyse, Mikrocolorimetrie usw. bezeichnet. Es sei an dieser Stelle betont, daB der Forscher, der mikroanalytische Methoden benutzt, in universeller Weise dazu die jeweils meistgeeignete Arbeitstechnik heran ziehen wird. Es ware demnach beispielsweise unzweckmaBig, in einer Darstellung der in der Metallurgie gebrauchlichen Mikromethoden sich etwa nur auf die mikrogravimetrischen oder aber nur auf die mikro volumetrischen Methoden zu beschranken, vielmehr miiBten alle Ver fahren - unbeschadet ihrer Einteilung nach der verwendeten Arbeits technik - yom Gesichtspunkt ihrer praktischen Anwendbarkeit auf die Probleme der Metallurgie besprochen werden."
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