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Die Geographie des Kapitalismus hat sich wahrend der letzten
Dekaden un zweifelhaft verandert. Das Sichwort der Globalisierung
bezeichnet seit Mitte der 70er Jahre eine neue Etappe in der
Beseitigung nationaler Barrieren und der Erweiterung okonomischer
Austauschbeziehungen im Weltmarktzu sammenhang. Die industrielle
Fertigung selbst ist mit der zunehmenden Loslosung von ihrer
naturlichen Ressourcenbasis standortunabhangiger ge worden. Neue
Produktions- und Kommunikationstechnologien sind ubiqui tar
verfugbar und erleichtern die Durchsetzung weltweiter
Arbeitsteilungen. Noch schneller als die industrielle
Guterproduktion haben sich die Kapital markte auf internationaler
Ebene etabliert. Kapitalfluss und transferierbare Finanzmittel
entziehen sich dabei bereits seit langem in grossem Massstab ei ner
effektiven Kontrolle im Rahmen politischer Grenzziehungen. Die
nationale Staatenwelt hat vor diesem Hintergrund erheblich an
traditionellen okonomischen Steuerungspotentialen eingebusst. Auf
konti nentaler Ebene sind Wirtschaftsgemeinschaften entstanden, die
sich entwe der wie die NArr A vorrangig als Freihandelszonen
verstehen oder wie die EG mit Ihrem Schritt zur Europaischen Union
zaghaft politische Steue rungskapazitaten ausbilden. Um Japan
formieren sich die neu industriali sierten Staaten Sudostasiens zu
einem weiteren grossregionalen Wachstums pol, dem politische
Konturen noch fehlen. Die post-kommunistischen Staa ten Osteuropas
und Asiens haben sich dem privatwirtschaftlichen Marktzu sammenhang
geoffnet, ohne dass dabei bereits in jedem Fall moderne, das
Sozialgefuge stabilisierende und interventionsfahige
Staatsorganisationen entstanden waren. Das gleiche gilt in vielen
Bereichen fur die Lander des Sudens, wo - mit Ausnahme der
RohstofIproduzenten und neuen Moderni sierungsgewinner - die
Armutskluft zum reichen Norden weiter wachst."
Seit Mitte der 70er Jahre ist die Massenarbeitslosigkeit in die
westlichen Industriegesellschaften zuruckgekehrt. Langjahrige
konjunkturelle Auf wartsbewegungen, wenn auch auf relativ niedrigem
Niveau, haben hieran ebensowenig geandert wie emsige Bemuhungen von
Regierungsseite, die Ergebnisse der Arbeitslosenstatistik zu
retuschieren. Nach offiziellen Angaben sind Anfang der 90er Jahre
in den Staaten der Europaischen Gemeinschaft rund 9 % der
Lohnabhangigen, insgesamt mehr als 14 Millionen Menschen, als
arbeitslos zu registrieren. Allein fur die Bundesrepublik
Deutschland ist bei einer Arbeitslosenquote von 7 - 8 % weiterhin
von etwa 2 Millionen Arbeitslosen auszugehen. Ein ruck haltloser
okonomischer Ausverkauf der DDR wurde im Rahmen einer
gesamtdeutschen Entwicklung noch zu sehr viel hoheren
Arbeitslosenzif fern fuhren. Realistische Annahmen, die die stille
Reserve miteinbezie hen, hatten, auf das Gebiet der Bundesrepublik
bezogen, bereits heute Aufschlage zu den veroffentlichten Zahlen
von mindestens 30 -40 % zu kalkulieren. Arbeitslosigkeit als
Massenphanomen, das sich wahrend der langen Phase der
Nachkriegsprosperitat bereits auf die Lander der kapitalisti schen
Peripherie zuruckzuziehen schien, taucht damit auch als strukturel
les Problem der entwickelten Metropolen wieder auf. Betroffen davon
sind Gesellschaften, in denen ldhnabhangige Erwerbsarbeit fur den
weitaus uberwiegenden Teil der Bevolkerung die entscheidende Grund
lage fur Einkommen und soziale Integration darstellt. Selbst in den
hoch industrialisierten Staaten konnten soziale
Sicherungsleistungen diesen doppelten Effekt bislang nicht
kompensieren. Im Gegenteil: Steuerstaat lich bzw.
beitragsfmanzierte Systeme der sozialen Sicherung drohen viel mehr
gerade in Krisenzeiten zu versagen und ihre Leistungsniveaus ein
schneidend zu reduzieren."
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