|
Showing 1 - 3 of
3 matches in All Departments
Dieses Buch soll ein Bericht uber den Prozess Einstein sein. Es
enthalt das Material uber die Diskussion um die Relativitatstheorie
in der UdSSR seit 1950. Von 1951 bis 1955 wurde Einstein durch die
offizielle Parteiphilosophie der UdSSR in den Anklagezustand
versetzt. Der Prozess gipfelte in der Aufforderung, die
Relativitatstheorie zu verwerfen und durch eine materialistische
'Theorie schneller Bewegungen' zu ersetzen. Selbst der Name
'Relativitatstheorie' sollte aus den physikalischen Lehrbuchern
verschwinden. Die Anklage wurde vertreten von der ideologischen
Fuhrungsschicht der gewaltigsten irdischen Macht unseres
Zeitalters. Der Angeklagte, in der Reife seines Lebens vor die
vehementesten Angriffe gestellt, kam nur durch sein Werk zu Wort.
Dies genugte jedoch, dass sich unter den sowjetischen Physikern und
Philosophen noch zur Zeit Stalins mannhafte Stimmen der
Verteidigung fanden. 1955 wurde der Prozess mit der offiziellen
Anerkennung der Relativitats theorie durch die Parteiphilosophie
abgeschlossen. Es war ein Sieg der Wahrheit uber die Gewalt. Die
Folgen mussten das Ansehen der kommunistischen Ideologie
erschuttern. Es hatte sich herausgestellt, dass zwischen der
angeblich einzig wissenschaftlichen Philosophie und der exaktesten
Naturwissen schaft, der Physik, ein Abgrund klafft, den zu
uberbrucken die Sowjet philosophie bis heute bemuht ist.
Andererseits begannen die sowjetischen Physiker, wachgerufen durch
die Appelle der Philosophen, ihr eigenes Weltbild mit adaquaten
Methoden zu durchdenken. Diese ganze Ent wicklung ist von hohem
Wert fur eine Diagnose der geistigen Struktur der
Sowjetgesellschaft."
Die allgemeine Relativitatstheorie ist ein Gebirge, das unahnlich
ihrer Vorlauferin, der speziellen Relativitatstheorie, in einigen
hintereinander- folgenden Eruptionen fast ausschlieBlich aus dem
schOpferischen Denken Einsteins entstand. Wenn die spezielle
Relativitatstheorie gewissermaBen die Vorberge darstellt, so die
allgemeine eine im Himmel verschwimmende Gruppe erhabener Gipfel.
Sie zahlt anerkannterweise zu den am schwer- sten zuganglichen
Regionen der Physik. Dennoch blickt auch der Nicht- Fachmann mit
Staunen zu ihren Hohen empor, die er zwar nicht zu bezwingen, aber
doch aus der Feme zu schauen vermag. Nicht alle ihre Kliifte und
Hohen wurden bisher von den "Einheimischen", den Physi- kern,
durchwandert. Es gibt Partien, die wohl noch keines Menschen Geist
durchschritt, Einstein nicht ausgenommen. Das philosophische Denken
hat ihr weit weniger Beachtung geschenkt als der speziellen Re-
1ativitatstheorie. Und doch rufen ihre Prinzipien und Ergebnisse
noch dringender nach einer 10gischen Analyse, da ihre Satze von den
voraus- gesetzten Beobachtungstatsachen durch eine langere
SchluBkette entfernt sind als in jeder anderen physikalischen
Theorie zuvor. Wir mlissen daher den sowjetischen Gelehrten dankbar
sein, daB sie die phi1osophischen Probleme mutig anpackten. Seit
der dramatischen Wende der offiziellen Sowjetphilosophie gegeniiber
Einstein 1955 wandten sich die Philosophen und Physiker statt einer
un- fruchtbaren Polemik einer echten Durchdenkung der
Relativitatstheorie zu. Dabei tritt die allgemeine
Relativitatstheorie mehr und mehr in den Vordergrund. Freilich
spielt sie noch nicht die dominierende Rolle; dies hangt offenbar
mit methodischen Schwierigkeiten zusarnrnen, aber sicher nieht nur
damit, wie das Referat eines so hervorragenden Mathernatikers wie
A. D.
|
|