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Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten hat
innergesellschaftliche Auswir kungen, die weit in das nachste
Jahrzehnt hinein reichen und im Bildungssyste- beispielsweise mit
Blick auf das Personal - mindestens eine Generationsspanne umfassen
durften. Dies macht es uber ein allgemein-historisches Interesse an
den politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen im
Nachkriegsdeutschland hinaus sinn voll, sich mit der
Ausgangssituation und mit den Bedingungen und Prozessen der
Veranderungen auseinanderzusetzen, die im Zusammenhang mit der
staatlichen Einheit und ihren gesellschaftlichen Folgen stehen. Um
Entscheidungen, Ent wicklungen und Prozesse verstehen und
einzuordnen zu konnen, ist es erforderlich, sich mit ihren
Bedingungen, aber auch mit der Ausgangslage, den Vorgangen und mit
den Interessen der beteiligten Akteure vertraut zu machen. Es gibt
mehrere Grunde dafur, dass das sozialistische Bildungssystem der
DDR zu jenen Bereiehen gehorte, auf die sich viele der
Reformforderungen der Protest bewegung, der Oppositionsgruppen und
Burgerinitiativen bezogen. Bildungsfragen beruhren grundsatzlich
jeden Burger. Bildungssysteme sind Verteilungsstellen fur
Lebenschancen, sie haben mit unterschiedlichen Menschenbildern zu
tun und nehmen Einfluss auf die Entfaltung der Personlichkeit der
Individuen. Als Repro duktionsinstanzen pragen sie die Stellung der
Menschen in der Gesellschaft und zum Staat. Dies geschieht umso
starker, je enger die Bindung eines Bildungs systems an eine
bestimmte (Alternativen ausschliessende) Ideologie ist. Das Bil
dungssystem der DDR war nicht erst seit dem Beginn der Wende
Gegenstand mas siver Kritik, wie etwa die Aktivitaten von Gruppen
innerhalb des kirchlichen Raums in den achtziger Jahren belegten."
Mit der Um- und Neugestaltung der politisch-gesellschaftlichen
Strukturen in den ehemals sozialistischen Staaten Mittelosteuropas
- weithin mit dem Begriff der, Transformation' gekennzeichnet -
ging und geht eine zumeist grundlegende Erneuerung auch von Bildung
und Erziehung einher. Dies trifft in besonderer Weise auf das
Bildungs- und Wissenschaftssystem der DDR zu, das in den
ostdeutschen Landern einem umfassenden Erneuerungsprozess
unterworfen war. In dem Band werfen zehn Autorinnen und Autoren aus
unterschiedlichen Perspektiven einen Blick auf die beobachteten
Veranderungen. In einem historischen, einem empirischen, einem
systematisch-theoriegeleiteten und einem komparatistischen Zugang
geht es darum, eine Bilanz von zehn Jahren Bildungstransformation
in Ostdeutschland zu ziehen. Prozesse des Wandels werden
analysiert, im Rahmen eines theoriegeleiteten Ansatzes
interpretiert und hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten und
Unterschiede mit den Entwicklungen in anderen
Transformationsstaaten verglichen."
Die Analyse zeigt aktuelle Entwicklungen in der Bildungspolitik auf
und verwiest auf grundlegenden Reformbedarf fur das durch
Okonomisierung, Evaluation und Globalisierung unter Druck geratene
Bildungssysteme."
1. 1 Zum Thema In den Jahren 1989 und 1990 vollzogen sich in Europa
Umbruche mit welt weiten Folgen. Die friedlichen Revolutionen in
den mittelosteuropaischen Staaten, die Auflosung der Warschauer
Vertragsorganisation und des sowjeti schen Macht- und
Einflussbereiches, der Zerfall der Sowjetunion und nicht zuletzt
die Wiedererlangung der deutschen Einheit sind Teile eines
Prozesses, der in historischer Perspektive mit dem Ersten Weltkrieg
einsetzte und erst 1 durch die genannten Ereignisse einen
vorlaufigen Abschluss fand . Die histo rischen Veranderungen
erfordern eine Neuorientierung in einer Welt, in der Politik und
politisches Denken seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges von der
Bipolaritat antagonistischer Machtblocke dominiert wurden und unter
dem Signum Ost-West-Konflikt nahezu alle anderen politischen,
okonomi schen und gesellschaftlichen Entwicklungen uberlagerten.
1990 nahm der durch die Teilung in Deutschland besonders deutlich
her vorgetretene Ost-West-Konflikt ein Ende, kam der Zweite
Weltkrieg zu ei nem auch formalen Abschluss. Im Zuge der
Vereinigung beider deutscher Staaten und der in diesem Zusammenhang
geschlossenen volkerrechtlichen Vertrage wurde die
Nachkriegsordnung obsolet. Die ehemaligen Siegermach te bestatigten
der vergrosserten 'neuen' Bundesrepublik Deutschland ihre vol
kerrechtliche Souveranitat, und mit der Republik Polen wurden noch
offene, insbesondere territoriale Fragen rechtlich verbindlich
geregelt. So konnten die ausseren Aspekte der Vereinigung im Jahr
1990 unerwartet zugig und kon fliktfrei gelost werden."
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