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Der vorliegende Band enthalt Beispiele aus der Arbeit der Schule, ins besondere der des Gymnasiums, wie sie im Bereich der politischen Bil dung heute schon mancherorts geleistet wird. Die hier veroffentlichten Arbeiten gehen auf Lehrvortrage zuruck, die auf der ersten Bundes tagung der Deutschen Vereinigung fur politische Bildung e. V. im Otto-Suhr-Institut der Freien Universidt Berlin, die sich unter das Thema Wissen und Engagement in der politischen Bildung gestellt hatte, am 13. Oktober 1965 gehalten worden sind. Eine solche Veroffentlichung mag schon deshalb von der Praxis be grulh werden, weil sie dazu beitragt, jenes argerliche Mifherhaltnis zu mildern, das auf dem Felde der politischen Bildung meist noch zwi schen Erwartungen und Moglichkeiten obwaltet. Wesentliche Ursache flir jenes MiBverhaltnis ist, daB Schule und Er wachsenenbildung in bewuBter Absicht erst seit neuerem politische Padagogik betreiben. Noch fehlt es deshalb vielfach an Vorbildern und Modellen flir diese Arbeit. Noch hat sich nicht, wie in ande ren Fachbereichen, jene Routine eingestellt, die die unterrichtliche Ar beit des Praktikers zu erleichtern scheint, wahrend sie sie in Wirklich keit meistens behindert. Freilich gibt es auch sonst bereits gedruckte Modelle aus der Praxis flir den politischen Unterricht - die vorliegen den Arbeiten erheben gewiB nicht den Anspruch, die ersten und ein zigen ihrer Art in der Bundesrepublik zu sein -, aber oft genug muBten jene Modelle breiteren padagogischen Kreisen unbekannt bleiben, denn im Bereich der politischen Bildung ist die Kommunikation bei uns noch durchaus unterentwickelt."
Die politische Didaktik war bis vor wenigen Jahren fast ausschliesslich eine Sache der Didaktiker. Es gab die einschlagige Fachliteratur, es gab Namen, mit denen sich bestimmte Richtungen und Positionen verbanden, es gab Tagungen, auf denen sich dieselben Teilnehmer immer wieder begegneten. Zwar gibt es dies alles auch heute noch, doch hat sich ansonsten die Szene, auf der man sich uber politisches Lernen verstandigt, grundlich verandert. Politik-Richtlinien sind zu einem bevorzugten Thema bildungspolitischer Auseinandersetzung geworden, die Massenmedien nehmen lebhaften Anteil und uben starke Wirkungen aus, Elternverbande beziehen Stellung, Fortbildungsakademien im ganzen Land bestreiten ihre Programme damit, in den Landerparlamenten finden Hearings und Debatten statt, die politischen Parteien nehmen, alles uberschattend, die Problematik auf und machen sie zu Elementen poli tischer Auseinandersetzung um die Wahlergunst. Zum erstenmal ist in der Geschichte der politischen Bildung in der Bundesrepublik Deutschland ein neues Phanomen sicht bar und wirksam geworden: Offentlichkeit. Es ist kein Zufall, dass dies zum Zeitpunkt geschah, als die politische Didaktik die Grundforderungen der Curriculumtheorie aufgriff und zu verwirklichen suchte. Es war die Forderung nach einer uber das bisher ubliche weit hinausgehenden Legitima tion fur Lehrplane und nach einer detaillierten Begrundung fur alle Lehrplanelernente. Darin steds. te auch die Hoffnung auf eine Verbesserung der Art und Weise, wie man zu einem Konsens uber Lehrplane kommen konnte."
Woran erkennt man, ob die Schiiler einen flir den Unterricht ausge- wiihlten Text, eine Grafik: oder eine Karikatur bearbeiten konnen? Der erfahrene Lehrer hat dies im Gefiihl, aber manchmalleitet die Intui- tion auch fulsch. Sicherer ist es, mit Hilfe der "Aufgabenanalyse" ein Unterrichtsmaterial darauthin zu priifen, welche Anforderungen es an die Schiiler stellt. Naheres dariiber findet man in der Planungsauf- gabe "Implikationszusammenhang", unten im Abschnitt 3.4. Haben die Schiiler eine eigene Perspektive auf den Lerngegenstand bzw. das Unterrichtsthema? Vermutlich ja, aber wenn der Lehrer diese erfassen will, urn zu ftberlegen, ob er sie beriicksichtigen soH, dann mu6 er kliiren, welches seine eigene didaktische Perspektive ist und was mit dieser eigentlich gemeint ist. Naheres dariiber findet man in der Planungsaufgabe "Thematisierung", unten in Abschnitt 3.1. Wie diese gibt es viele Fragen, mit denen sich der Lehrer bei seiner Unterrichtsvorbereitung beschaftigt oder die er kennenlernen soHte. An dieser Stelle dienen sie als Beispiele, urn zu zeigen, daB dieses Buch Antworten auf konkrete Fragen der Unterrichtsvorbereitung gibt. Der Leser soHte sich also von der Tatsache nicht abschrecken lassen, daB diese Fragen hier systematisch geordnet dargeboten wer- den. Zweckmiillig ist es allerdings, sich eines "Wegweisers" zu be- dienen, der die Nutzung dieses Buches erleichtert. Wer beispielsweise eine schriftliche Unterrichtsvorbereitung ausar- beiten mu6, der kann zuerst zu der "Anleitung" in Kapitel 6 greifen; dort wird er bei jedem Schritt durch die Rftckverweise zu vorherge- henden Kapiteln, in denen die einzelnen Planungsaufgaben darge- steHt werden, geleitet.
Diese Geschichte der politischen Bildung ist ein Ergebnis der deutschen Ein heit. Das epochale Ereignis hat mein Interesse an der historischen Betrach tung meines Fachgebietes geweckt. Daruber gibt die erste Lektion Rechen schaft. Die Entstehung des Buches hingegen ist einer Gelegenheit zu verdan ken. Es basiert auf einer Vorlesung, die ich wahrend eines Gastsemesters an der Universitat Halle-Wittenberg im Sommer 1991 gehalten habe. Bis zur vorliegenden Endfassung habe ich diese Vorlesung grundlich uberarbeitet und stark erweitert. Es blieb aber die didaktische Konzeption: die Gliederung in zwolf, thematisch abgeschlossene Einheiten und die Absicht zu belehren. Vor Augen standen mir jetzt bei der Arbeit an der Endfassung nicht nur Le ser aus den neuen Bundeslandern, sondern Interessenten aus dem ganzen Deutschland. Ich wollte versuchen, den in der Geschichte ruhenden Bestand an Ideen und Erkenntnissen zum politischen Unterricht und zur politischen Bildung zu vergegenwartigen, - auf dass nicht immer wieder alles in Verges senheit gerat, wenn Generationen von jungeren abgelost werden. Als Autor bin ich zugleich Miterlebender. Seit meiner zweiten Staatsarbeit von 1957, spatestens aber seit Beginn meiner Tatigkeit in der Lehrerfortbil dung 1963 war ich ausschliesslich mit politischer Bildung und politischem Unterricht beschaftigt. Die personlichen Erfahrungen pragen ein Geschichts bild. Insoweit ist in diesem Buch auch viel Subjektives enthalten, und so gilt hierfur in Abwandlung das Wort von Emile Zola uber die Kunst: Geschichts schreibung bietet Ereignisse, gesehen durch ein Temperament. Das mogen diejenigen tolerieren, die mit der Sichtweise nicht einverstanden sind oder auch Wichtiges zu vermissen meinen."
in die Didaktik des politischen Unterrichts Studienbuch politische Didaktik I Leske Verlag + Budrich GmbH, Opladen In memoriam M. CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Gaget, Walter: Einflihrung in die Didaktik des politischen Unter richts: e. Studienbuch I Walter Gagei. - Opladen: Leske und Budrich, 1983 (Uni-Taschenbucher: 1235) ISBN 978-3-322-92620-3 ISBN 978-3-322-92619-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-92619-7 NE: GT @) 1983 by Leske Verlag + Budrich GmbH Einbandgestaltung: Alfred Krugmann Verarbeitung: Grossbuchbinderei Sigloch, Leonberg-Ramtel Inhalt O. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 9 . . . . . . . 1. Einheit: Aufgaben einer Didaktik des politischen Unterrichts 11 1.1 Aufgaben des politischen Unterrichts ........; . . .. 12 1.1.1 Sozialwissenschaftliche Bildung. . . . . . . . . . . .. . . 13 . . 1.1.2 Politische Bildung. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 16 . . . . . 1.2 Das Besondere der Fachdidaktik im Vergleich zur Fachwissenschaft. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 21 . . . . 1.2.1 Die unterschiedliche Fragestellung. . . . . . . . . . .. . 21 . . 1.2.2 Die Beziehung zwischen Fachwissenschaft und Fachdidaktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 26 . . . . . . 1.3 Zur Notwendigkeit, Fachdidaktik zu lehren und zu lernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 32 . . . . . . . 2. Einheit: Was sind Lemgegenstande? Die Frage nach der Inhaltsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 . . . . 2.1 Eine historische Kontroverse: Institutionenkunde oder Fallprinzip? .......................... 37 2.2 Politikdimensionen und Erkenntnisebenen als Bezugsrahmen ... . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 40 . . . . . 2.2.1 Dimensionen des Politikbegriffs ................, 42 2.2.2 Die Erkenntnisebenen "konkret" und "abstrakt" . . . .. 46 2.3 Arten derInhaltsstruktur . . . . . . . . . . . . . .. . . 49 . . . . 2.3.1 Fall................................... 50 2.3.2 Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 53 . . . . . . . 2.3.3 Situation................................ 57 2.4 Konkretes Wissen und wissenschaftliches Wissen . . . .. . 61 3. Einheit: Was ist wichtig? Das Problem der Inhaltsauswahl . .. 67 3.1 Die Notwendigkeit von Auswahlprozessen . . . . . . .. . . 68 3.2 Beispiele fur Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . .. . . 71 . . ."
Die "Wende" war Anlass, der Entwicklung der politischen Bildung vor 1989 nachzugehen. Sie wird als Parallele zur Westorientierung der Bundesrepublik nach 1945 und zu dem damit verbundenen Bruch mit der deutschen geschichtlichen Tradition dargestellt. Auch die politische Bildung trennte sich von traditionellen Konzepten der politischen Erziehung in Deutschland. Die padagogischen und didaktischen Konzeptionen werden in ihrem politischen und sozialen Umfeld beschrieben. Bezuge zur geistesgeschichtlichen Entwicklung werden nachgewiesen: Die Rezeption des amerikanischen Pragmatismus traf zusammen mit dem Einfluss des Existentialismus und des Marxismus. Das Buch ist der Versuch einer - trotz aller Kritik - verstehenden Geschichte der politischen Bildung in der Bundesrepublik vor der Einheit und wahrend des Einheitsprozesses.
, Herausforderungen' und, Antworten' - diese Begriffe sind als di daktische Schliisselkategorien zum Merkmal des didaktischen Den kens von Wolfgang Hilligen geworden. So sehr sie heute Allgemein platz geworden sind, - er seIber hat sie schon 1955 verwendet, um die Moglichkeiten politischen Handelns in einer problematisch geworde nen Welt aufzuzeigen. Eine Schrift, durch welche Freunde und Kolle gen Wolfgang Hilligen zu seinem 75. Geburtstag im Mai 1991 ehren wollen, muJ3 diese Worte im Titel aufweisen, wenn sie seinem Werk ge recht werden solI., Herausforderungen' sind die krisenhaften Gefahrdungen der jewei ligen Gegenwart; mit dem Begrift', Antworten' wird die Uberzeugung ausgedriickt, daB Menschen die Kraft und die Fiihigkeit besitzen, die sen Gefahrdungen zu begegnen und LOsungen zu finden, die ihnen ein Uberleben und ein sinnvolles Leben ermoglichen. Es ist dies eine ge schichtsphilosophische Grundiiberzeugung, die sich bei Wolfgang Hilli gen gegen Endzeit-und Untergangspessimismus richtet und ein MaO an Zuversicht ausstrahlt, das Jugendliche wie Erwachsene ermutigen kann. Die, Antworten' sind im Sinne von Wolfgang Hilligen nicht als bloB technokratische zu verstehen. Vielmehr miissen sie nach seiner Uberzeugung von einem Bezug auf normative Grundentscheidungen geleitet sein. Hilligen hat seine normative Uberzeugungen in seinen, Optionen' formuliert; sie stellen den Wertekern seiner Didaktik dar. Es sind die Optionen - ffir die unbedingte Geltung personaler Menschenrechte, - llir die Uberwindung struktureller sozialer Ungleichheiten, - fUr die Notwendigkeit, Spielraum und Institutionen fUr Alterna- ven zu schaffen und zu verbessern."
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