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Die Texte des Bandes untersuchen aus kulturwissenschaftlicher Perspektive das Phanomen "Augenblick" und entfalten seine zeitsoziolgische wie auch asthetische und kunsttheoretische Bedeutungsvielfalt. Der Inhalt Teil A: Panorama: Augenblicke. Wegmarken im Fluss der Zeit. Einige Denkanstoesse.Teil B: Klassische und moderne Traditionen: Augenblicke als gestaltete Zeit. Grundsatzliches und Geschichtliches.- Einladung Gottes. Der Augenblick in Bibel und Theologie.- Augenblick mal! Zeit- und kultursoziologische Aspekte der Begegnung.Teil C: Sondierungen im sozialen Raum: Bedeutungsvielfalt von Augenblicken. Soziale Situationen - Konversionen - individuelle Ereignisse.- Wille und Vorstellung: kairos und Geschichte. Machiavelli und die Kunst des Scheiterns.- Ausnahmezustande. Carl Schmitts Theorie des Politischen.Teil D: Literarische und kunstlerische Verarbeitungen: Modelle des Augenblicks als asthetische Epiphanie in der Erzahlprosa des fruhen 20. Jahrhunderts.- Ein Augenblick im Museum. Wahrnehmungen und Erinnerungsprozesse anlasslich von Besuchen kulturhistorischer Museen.- Vom Geschick, das sich entzieht. Augenblicke in der Lyrik. Die Zielgruppe Studierende und Lehrende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Sozialwissenschaften, Philosophie, Theologie, Politikwissenschaft und Kulturwissenschaft Die Autoren Dr. Alfred Bellebaum ist Professor fur Soziologie (em.) an der Universitat Koblenz-Landau und Honorarprofessor an der Universitat Bonn. Dr. Dr. Robert Hettlage ist Professor fur Soziologie (em.) an der Universitat Regensburg.
Alfred Bellebaum beleuchtet die unterschiedlichen Bedeutungen sowie soziale Ursachen und manifeste soziale und individuelle Folgen von Acedia. Die gangige UEbersetzung von Acedia, griech. Wortursprung, lautet Tragheit. Sie zahlt zu den Sieben Todsunden - neben Hochmut, Geiz, sexueller Zugellosigkeit, Neid, Voellerei und Zorn. Unangesehen der uberlieferten moralalthologischen Deutung im Sinne eines Verlustes der ewigen Seligkeit und des paradiesischen Glucks sind die gemeinten Verhaltensweisen nach wie vor hochaktuell. Durch UEbertreibungen gefahrden Menschen sich selbst und ihre sozialen Beziehungen. Hochmut kommt vor dem Fall.
Lange bevor Soziologen und Verhaltensforscher es nachwiesen, wusste
man, wie stark Zeit udn Milieu die Entwicklung des Menschen
beeinflussen. Doch statt von Milieu und Zeit spricht man heutzutage
mesitens von Gesellschaft. Und Soziologie - ein vieldeutiger
Ausdruck - bedeutet wortlich ubersetzt, die kundige Rede (logos)
uber den Gefahrten (socius): Sie gibt Auskunft uber den Menschen
als Gefahrten anderer Menschen.
Uber Missmut und Missvergnugen nachzudenken hat eine lange und
weitlaufige Tradition. Unter verschiedensten Begriffen waren sie
immer schon Gegenstand philosophischer, historischer, medizinischer
und literarischer Betrachtungen. Heute sind diese Versuche kaum
noch bekannt. Nur der Gegensatz von Optimismus und Pessimismus
scheint sich erhalten zu haben.
Das Wort Gluck ist zu einer Allerweltsvokabel geworden. Die
traditionsreichen Philosophien und Theologien des Glucks melden
sich zwar nach wie vor zu Wort, die Gewichte haben sich aber
verschoben. Stichworte sind u.a. Wirtschaft, Politik,
gesellschaftliche Umstande, Landervergleiche, hirnorganische
Befunde, psychologische Befragungen, Wohlfuhl-Angebote, Interviews
und vieles andere mehr.
Das simple Identifizierungsdogma "mehr Konsum = mehr Gluck" ist in der angenommenen Eindimensionalitat erwiesenermassen falsch. In Zuge der Steigerung des materiellen Wohlstandes haben weder die Raten von Gluck und Zufriedenheit im gleichen Masse zugenommen, noch sind die Menschen in wohlhabenderen Landern durchgangig glucklicher und zufriedener als in armeren Regionen. Zielfuhrender als eine unmittelbare Gleichsetzung von materiellem Wohlstand, Konsum und Lebenssinn ware es, wenn es gelange, eine OEkonomie und Gesellschaft ins Blickfeld zu nehmen, die eine stark verbesserte Ressourcenpolitik und die wohlgemeinte menschliche Genugsamkeit in den Mittelpunkt stellt. Ziel sollte eine "oekologische Glucksoekonomie" sein. Die OEkonomie - und dies gilt fur den theoretischen wie den praktischen Aspekt - muss also remoralisiert, reoekologisiert und resozialisiert werden. Die in diesem Band vorgestellten Beitrage vermitteln einen ersten Eindruck der Vielfalt der haufig interdisziplinaren Ansatzpunkte, die kunftig bei einer intensiveren Bearbeitung des Zusammenhangs von OEkologie und Gluck berucksichtigt werden mussten. Sie stellen insofern gleichsam erste Beitrage zu einer neu zu formulierenden Wirtschaftslehre des guten Lebens dar.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hat die Vorstellung Verbreitung gefunden, Gluck sei bis zu einem gewissen Grad politisch herstellbar. Ihre Konkretisierung findet diese Vorstellung im Wohlfahrtsstaat, beziehungsweise im deutschen Pendant, dem "Sozialstaat". Ganz gleich, welcher Begriff auch gewahlt wird, gedacht ist an einen Staat, der durch die Beeinflussung der Lebensbedingungen seiner Burger Gluck herbeifuhrt. Die Autoren gehen in ihren Beitragen der Frage nach, welche Ausformulierungen die Glucksverpflichtung des Staates in der politischen Theorie der letzten zweihundert Jahre gefunden hat, wie die Umsetzung im Wohlfahrtsstaat beziehungsweise Sozialstaat erfolgt ist und mit welchen Problemen diese Staatsform heute zu kampfen hat.
Aus der Geschichte der Soziologie ist manches vergessen worden. Hinsichtlich fruherer Annahmen uber "Gluck" sollte das Vergangene aber nicht unberucksichtigt bleiben, weil bedeutende Vorlaufer, Begrunder und Klassiker der Soziologie uberlieferungswerte Einsichten gewonnen haben, deren Wiedererinnerung heute nutzlich ist. Die Beitrage des vorliegenden Bandes behandeln folgende Themen: Schottische Moralphilosophen, Comte, Durkheim, Reprasentanten der Zeit zwischen Spataufklarung und Fruhsozialismus, Marx, Simmel, Scheler, Plessner und abschliessend Adorno
Niemand bleibt eifriger Leser, der nicht wenigstens ab und zu Lesegluck erfahren hat. Lesegluck ist eines der starksten Motive fur einen lebenslangen Umgang mit Buchern. Doch wie und unter welchen Umstanden tritt es auf? Seit wann gibt es uberhaupt so etwas wie Lesegluck? Und warum klagen so viele Erwachsene, es sei ihnen durch den Literaturunterricht in der Schule abhanden gekommen? Gerade nach dem Eintritt des Computers in den sich verscharfenden Medienwettbewerb drangt sich die Frage auf: Was ist Lesegluck eigentlich? Wie kann man es lebendig erhalten? Das weitere Schicksal der Lesekultur, die Wirksamkeit elterlicher Leseforderung, eine zeitgemasse Orientierung des Literaturunterrichts konnte u. a. von der Beantwortung dieser Fragen abhangen.Mit "Lesegluck. Eine vergessene Erfahrung?" legen die Herausgeber Alfred Bellebaum und Ludwig Muth den Versuch vor, das Lesegluck interdisziplinar einzukreisen und zu verstehen. Beteiligt daran sind die empirische Sozialforschung (Elisabeth Noelle-Neumann), die Buchmarktforschung (Ludwig Muth), die Literaturwissenschaft (Aleida Assmann), die Kunst (Cornelia Schneider) sowie die Germanistik und Literatursoziologie (Erich Schon) und die Literaturdidaktik (Werner Graf).Der Band bietet eine faszinierende Entdeckungsreise in ein bisher noch kaum erforschtes Phanomen der Lesekultur: Erstmals untersuchen Experten interdisziplinar Geschichte, Vorbedingung, Genese und Steigerung von Lesegluck - und dessen aktuelle Bedrohung, insbesondere durch den Literaturunterricht und durch ungezugelten Medienkonsum
Das Wort Lebensqualitat ist stark in Mode gekommen, obwohl es kein bloss modisches Phanomen bezeichnet. Es ist namlich seit jeher in vielfaltigem sprachlichen Gewand uber den Wert des menschlichen Lebens nachgedacht worden. Seit einiger Zeit erfahren Lebensqualitat und angrenzende Bezeichnungen wie Gluck, Zufriedenheit, Wohlbefinden, Wohlfahrt u.a.m. jedoch besondere Aufmerksamkeit - was sicherlich auch mit dem erreichten Wohlstand und den misslichen Folgen des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts zu tun hat.In fast allen Lebensbereichen wird eine moglichst hohe Lebensqualitat angestrebt. Die wirtschaftlichen Verhaltnisse sollen stimmen, der Sozialstaat funktionieren, die medizinische Versorgung optimal sein, das Leben lange dauern und das Sterben menschenwurdig sein. Das alles ist jedoch nur begrenzt moglich, und im ubrigen bleibt der Begriff Lebensqualitat sehr vieldeutig."
Gesprochene und geschriebene Sprache sind zwar weit verbreitete Arten des Umgangs miteinander, Schweigen ist deswegen aber kein unbedeutendes Mittel der Kommunikation. Schweigende Kontakte mit Gott, Gottern, Geistern, Pflanzen, Tieren und Menschen gibt es seit jeher - und dabei gilt der Verzicht auf Sprechen als Voraussetzung fur ein angemessenes Verstehen. Schweigen ist eine nuancenreiche Erscheinung: So gibt es das beredte Schweigen, mit dem vieles ausgedruckt werden kann, und das unverstanden bleibende Schweigen, dessen Botschaft unerkannt bleibt. In vielen Situationen will Schweigen gelernt sein, muss man also wissen, ob gesprochen oder geschwiegen werden darf
Uber das Gluck ist schon seit Jahrhunderten viel nachgedacht, gesprochen und geschrieben worden. Die ehrwurdigen (moral-)philosophischen und theologischen Gluckstheorien sind gegenwartig allerdings nicht mehr so stark ausgepragt wie fruher. Demgegenuber expandiert die sozialwissenschaftlich orientierte empirische Glucks- und Zufriedenheitsforschung, wenngleich dort oft weniger von Gluck als von Lebensqualitat u. a. m. gesprochen wird. Daneben gibt es ein weites Feld psychologischer und sozialpsychologischer Glucksforschung, beispielsweise unter den Stichworten seelische Gesundheit und Wohlbefinden. Die politische Bedeutung dieses komplexen Themas ist offenkundig."
Es gibt banale Langeweile z.B. in Freizeit, Beruf, Schule, Ehe, Altenheim, Militar ... Es gibt aber auch tiefsitzende Langeweile, die anlagebedingt sein und durch widrige Umstande ausgelost, verstarkt und am Leben erhalten werden kann. Darauf verweist Acedia-Tragheit, jahrhundertelang als eine der sieben Hauptsunden angeprangert, die spater als Melancholie, Ennui, Hypochondrie, Spleen, existentielle Langeweile oder endogene Depression stetig aufgetreten ist und nach wie vor unbesiegt auftritt. Auch fur diese andere Langeweile bietet die moderne Gesellschaft einen guten Nahrboden. Der Autor beschreibt die vielfaltigen Formen von Langeweile und deren Nutzen und Schaden in unserer Gesellschaft, Kultur und Geschichte."
i"lit der bekannten Redewendung "Dein Freund und H(!lfer" 1st im allgemeinen die Polizei gemeint. Es gibt jedoch einen da- rUber hinausreichenden Zusammenhang zwischen t"reundschaft und Hilfsbereitschaft. Etymologisch verweist das englische friend auf das altenglische freond, d s altnorwegische fraende, das altsachsische friund, das althochdeutsche friunt. Die Wortwurzel fri bedeutet hUten, sich sorgen, lie- ben. Der Freund als Helfer - das gibt es nach wie vor, wenn- gleich seit jeher bekannt ist: "Freunde in der Not, gehen hundert auf ein Lot". Heutzutage gibt es sehr viele hilfsbe- dUrftige Menschen, denen in der Regel nicht in persBnlich- rreundschaftlicher Weise geholfen werden kann. Es sind viel- mehr Berufs-Helfer gefragt, deren Hilfe einen freundlichen Umgang mit der Klientel freilich nicht ausschlienen mun. Wer - wie heutzutage weithin Ublich - Notlagen und Hilfsbe- dUrftigkeit mit widrigen gesellschaftlichen Verhaltnissen in Verbindung bringt, fUr den kann das Sprichwort "Hilf Dir selbst, so hilft Dir Gott" keine befriedigende Handlungsan- wei sung seine Hier und jetzt mun ja massenhaft geholfen wer- den, wobei es fUr die professionellen Helfer zahlreiche, in Paragraphen gefante Vorschriften gibt, wem wann und mit wel- chern Aufwand zu helfen ist. Appelle an Selbsthilfe gibt es nach wie vor, die Erwartungen an organisierte Hilfe sind dennoch hoch. Gottes weisgesagter Hilfe kann man bekannt- lich nicht gewin sein, und der Glaubige, dem sie nicht zuteil wird, findet sich mit seinem Schicksal ab: "Herr, Dein Wille geschehe trotzdem". Wo es hingegen einklagbare AnsprU- che auf Hilfe gibt, ist die Gesinnung Hiob's nicht gefragt.
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