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Die Politikwissenschaft wird von traditionsreichen Disziplinen
haufig als eine Wissen schaft auf der Suche nach ihrem Gegenstand
verspottet. Wer den Spott hat, braucht fur den Schaden nicht zu sor
gen; inzwischen befindet sich auch manche etablierte Wissenschaft
auf der Suche nach dem verlorenen Gegenstand. Die Verlustanzeige
ist in der Rechtswissenschaft mit Rechtstheorie, in der Soziologie
mit Positivismusstreit oder in der Physik mit Einheit der Wissen
schaft uberschrieben. Recht, Gesellschaft oder Natur sind ebenso
wenig eindeutig bestimmbare Gegenstande wie Politik, sondern
variieren mit der wissenschaftlichen Fragestellung. Auf viele
Fragen gibt es viele Antworten, die alle mit dem Risiko belastet
sind, irrig zu sein: 0 glucklich, wer noch hoffen kann, Aus diesem
Meer des Irrtums aufzutauchen Was man nicht weip, das eb en
brauchte man, 1 Und was man weip, kann man nicht brauchen.
Wissenschaftliche Prufungsinstanzen sind die Schwimmwesten, die
helfen, daf. \ man im Meer des Irrtums den Kopf uber Wasser halten
kann. Derartige Prufungsinstanzen mussen bestimmten Anforderungen
genugen, urn sich als wissenschaftlich auszuweisen. Gleichgultig,
wie diese Anforderungen beschaffen sein mogen, stets wird bean
sprucht, daf. \ sie der Wahrheit naherbringen. Nun ist, nach einem
alten deutschen Sprichwort, Wahrheit ein seltenes Kraut und wird
noch seltener wohl verdaut."
Literaturverzeichnis ............................ " 254
Sachregister .................................... 273 Uber die
Verfasser ............................... 288 6 Einleitung
Rechtspolitologie assoziiert die Spezialistenschelte, dag so lan-
ge von immer weniger immer mehr gewugt wird, bis man alles von
nichts weig. Da jedenfalls dem Sozialwissenschaftler das Wissen,
nichts zu wissen, kaum zur Ehre gereichen durfte, mug daran
erinnert werden, dag wenig gelegentlich viel sein kann. Andere
Bindestrichwissenschaften, beispielsweise Rechtssozio- logie oder
Rechtsinformatik, demonstrieren sogar, dag Recht fur eine
Wissenschaft, etwa die Rechtswissenschaft, zu viel ist, und es
sieht so aus, als ob diese Forschungsgemeinschaft ein Mitglied mehr
bekommen hat, eben die Rechtspolitologie. Die
Bindestrichwissenschaften unterscheiden sich durch die ungleichen F
orschungsinteressen, die sie am gleichen F orschungs- gegenstand
haben. Identifiziert man Politikwissenschaft als die- jenige
Wissenschaft, der es urn gesamtgesellschaftliche Steuerung geht,
dann hat Rechtspolitologie die Steuerungsdimension von Recht im
Visier. Was anderenorts beilaufig zum Thema wird, steht hier im
Mittelpunkt, und genau dieses Forschungsinter- esse begrundet die
Eigenstandigkeit als Disziplin. Solche Eigen- standigkeit verbietet
nicht, beilaufig angefallene Forschungs- ergebnisse anderer
Disziplinen zu verwerten, vielmehr wurde jede Entdeckung von langst
Entdecktem Spott auf sich ziehen. Solche Eigenstandigkeit gebietet
dagegen, den Entdeckungsho- rizont auszuweiten.
Die Behauptung, Opas Demokratie sei tot, artikuliert ein Unbehagen
an den tradierten Institutionen, das sich nicht mit dem Hinweis auf
ein prosperierendes sogenanntes demokratisches Regierungssystem aus
der Welt schaffen lasst. In der Tat sind Begriffe wie
Offentlichkeit, Konkur renzprinzip oder Gleichheit heute uberall
fragwurdiger denn je, nicht zu letzt weil sie ihren Kampfcharakter
eingebusst haben und in systemstabili sierende Werte umfunktioniert
wurden. Stabilitat verwandelt sich leicht in Stagnation, und am
gesellschaftlichen Stillstand entzundet sich der Protest der
Revolutionare, die sich mit einem nur technischen oder kul turellen
Fortschritt nicht bescheiden wollen. Sie setzen der jeweiligen
strukturverschleiernden Ideologie ihre Utopie entgegen, die um so
mehr Sprengkraft entwickelt, je starrer die Institutionen sind. Ein
System droht jedenfalls dann zu erstarren, wenn es seine
uberlieferten Axiome nicht mehr reflektiert, vielmehr jeden
Reflexionsversuch mit den tradier ten Werten ubertont, die es von
einer Art tibetanischer Gebetsmuhlen standig herunterklappern
lasst. Dieses Buch ist ein Reflexionsversuch mehr. Es sucht eine
Antwort auf die Frage, ob die uberkommenen demokratischen Werte und
Institutio nen fur den modernen Staat etwas taugen. Als Ansatz der
Uberlegungen dient der Offentlichkeitsbegriff, der mir eine
zentrale institutionelle Kategorie des demokratischen Systems zu
sein scheint. Ich meine, die Er orterungen verdeutlichen, dass die
Demokratie zwar nicht stirbt, wohl aber krankelt. Die Therapie, die
hier vorgeschlagen wird, kuriert besten falls einige Symptome,
dagegen sicher nicht die ganze Krankheit; ein erster diagnostischer
Versuch wird eben nur selten zu einer umfassenden Therapie fuhren."
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