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"Das kritikbedUrftigste Moment am Bonner Parlamentarismus scheint
mir die land- Uiufige Kritik zu sein, die an ihm geiibt wint. "
Diese Aussage EImt Fraenkels aus 1 dem Jahr 1964 hat auch heute
noch, fast drei Jahrzebnte spater, nichts von ihrer Giiltigkeit
verloren. Trotz einer inzwischen au8erordentlich entfalteten
Parlamenta- rismusforschung und einer vielWtigen
Informationstiitigkeit des Bundestages selbst klagt man nicht nur
in der gehobenen Publizistik, sondem auch in einem Teil der sich
publizistisch gerierenden Politikwissenschaft iiber angebliche
"Defizite" oder "l. . egitimationskrisen" des parlamentarischen
Regierungssystems; von der "Abgehobenheit" des Bundestages ist die
Rede, seinem "Funktiomverlust", seiner "Biirokratisierung", von
einer mangelnden "Transparenz" parlamentarischer Entscheidungen,
von "Fraktionszwang" und einem angeblichen Widerspruch zwi- schen
Abgeordnetenfreiheit und Parteibindung, von
nicht-"repriisentativer" sozi- aler Zusammensetzung des
Bundestages, fataler "Professionalisierung", "Parla-
mentsverdrossenheit", usw. -die Palette parlamentarismus-kritischer
Themen ist groB, und sie haben nicht erst seit Fraenkels vehementer
Antikritik die verof- 2 fentlichte Meinung in Deutschland stets
aufs neue bestimmt - Zweifellos ist eine kritische, aufmerksame
Offentlichkeit unabdingbare Vor- aussetzung fUr die Funktions-und
ReformfAhigkeit einer demokratischen Ordnung. Es steOt sich
freilich die Frage, ob derlei kritische Topoi die wirklichen
Probleme der Zeit treffen oder ob sie als weitergeschleppte
Stereotype der offentlichen Mei- nung ein Eigenleben entfalten. Nun
wird man sich sicherlich damit abfinden miissen, daB die Ergebnisse
der politikwissenschaftlichen Forschung -wie iibrigens auch die
anderer Diszipline- immer nur hachst partiell, zeitlich verzagert
oder gelegentlich, aus ideologischen Motiven, iiberhaupt nicht
rezipiert werden.
Mit dieser Veroeffentlichung werden erste Ergebnisse eines
Forschungs- projektes vorgestellt, das die Funktionsweise der
parlamentarisch-repra- sentativen Demokratie zum Gegenstand hat.
Das Erkenntnisinteresse richtet sich auf die Bedeutung des
Deutschen Bundestages im gegenwarti- gen Regierungs- und
Gesellschaftssystem der Bundesrepublik. Doch geht es daruber hinaus
um ein vertieftes Verstandnis einer auf dem Prinzip demokratischer
Reprasentation beruhenden politischen Ordnung, die vor neuen
Herausforderungen steht: Darunter zunehmende politische Mitwir-
kungsanspruche aus der Bevoelkerung, hoehere Erwartungen an den
Sozial- staat und ein insgesamt verstarkter Entscheidungsdruck bei
der Loesung neuartiger, langfristiger und zudem international
verschrankter Probleme. Gerade deshalb bedarf die komplizierte
Ordnung einer Freiheit bewah- renden und zugleich sozial
verpflichteten reprasentativen Demokratie der standigen
engagiert-kritischen Analyse und Interpretation. Dafur hat die
deutsche und internationale Parlamentarismus-Forschung inzwischen
vielfaltige Erkenntnisse zutage gefoerdert; die verfassungs- und
parla- mentsrechtliche Forschung ebenso wie die politologische
Institutionen- analyse. Dagegen sind die politisch-soziologischen
Fragestellungen, zumal in Deutschland, noch wenig entwickelt. Diese
richten sich nicht auf das Parlament als Institution, sondern auf
seine "Akteure", die Abgeordneten; und sie betreffen nicht die
rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern die tatsachlichen
Verhaltensweisen, politischen Vorstellungen und Hand-
lungsspielraume der Parlamentarier selbst. Es ist diese Perspektive
der Politischen Soziologie, unter der die hier vorgestellten
Untersucbungser- gebnisse einen Beitrag zum Verstandnis der
reprasentativen Demokratie leisten sollen.
Der Band enthalt politologische, soziologische und
zeitgeschichtliche Analysen wichtiger gesellschaftlicher
Konfliktlagen und politischer Konsensstrategien in der
Bundesrepublik Deutschland."
Die vorliegende Untersuchung ist in zweifacher Hinsicht ein
"exploratives" Unter nehmen: substantiell, indem sie versucht,
nicht lediglich einen Teilaspekt, sondern den Gesamtprozess der
politischen Fuhrungsauswahl in der Bundesrepublik Deutsch land
unter Einbeziehung der wesentlichen Bedingungen der politischen
Organisations wirklichkeit, der beruflichen Strukturen und
politischen Motivationen zum Gegen stand einer systematischen
Analyse zu machen; und methodisch, als eine spezielle
Verfahrensweise der Informationsgewinnung und -auswertung zu
entwickeln war. In beiden Gebieten befinden sich die in der
politisch-soziologischen Elitenforschung bisher geleisteten
Vorarbeiten noch im Anfangsstadium. Wahrend in anderen
Forschungsbereichen, wie zum Beispiel in der Parteien- oder in der
Wahlforschung, und Theorien bereits ein Kanon analytisch
verwertbarer Grundbegriffe, Hypothesen vorliegt, sind die Verlaufe
und Bedingungen personeller Auswahlprozesse ein noch weithin
unerforschtes Gebiet. Eine hier ansetzende Untersuchung steht
deshalb vor der Aufgabe, genauere Einsichten in den Prozess der
politischen Fuhrungsauswahl zu gewinnen und daraus erste Ansatze zu
einer allgemeineren, theoretischen Perspektive zu entwickeln. Dass
die Voraussetzungen fur eine nuchterne wissenschaftliche
Beschaftigung mit "Fuhrung" und "Fuhrungsauswahl" in der deutschen
"politischen Kultur" nicht gerade gunstig sind, liegt auf der Hand.
Schon die Begriffe sind historisch-ideologisch belastet. Zudem
leisten die modernen Massenmedien einem personalisierten Politik
Verstandnis Vorschub, namlich der Vorstellung, dass politische
Entscheidungen nur mehr vom "guten Willen," von der "Fortune" oder
von einer sogenannten "Fuhrungsstarke" bzw., -schwache" einzelner
prominenter Politiker abhangig seien, - wahrend doch tatsachlich
die sich standig vervielfachenden staatlichen Regulie rungsaufgaben
ohne ein entsprechend differenziertes System funktional
spezialisier ter Fuhrungsgruppen gar nicht mehr bewaltigt werden
konnten."
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