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Mit den 29 Textbanden und den drei Erschliessungsbanden ist die
Edition samtlicher vorhandener Goebbels-Tagebucher abgeschlossen.
Sie macht dem Forscher und interessierten Laien nahezu 7.000 von
Hand beschriebene Seiten und ca. 36.000 diktierte Blatter von einem
der prominentesten und einflussreichsten Nationalsozialisten
zuganglich. Sie sind bereits jetzt anerkanntermassen fur die
historische Forschung zur nationalsozialistischen Bewegung und zum
NS-Regime eine unverzichtbare Quelle geworden, handelt es sich doch
um das einzige Selbstzeugnis eines nationalsozialistischen
Spitzenpolitikers, das uber zwei Jahrzehnte kontinuierlich gefuhrt
wurde.
Die dramatischen und eindrucksvollen Geschehnisse um den 20. Juli,
die Weisse Rose oder die Rote Kapelle sind schon oft dargestellt
worden und scheinen hinlanglich bekannt. Diesen haufig zitierten
und gefeierten Denkmalern personlichen Widerstands lassen sich
freilich nicht weniger eindrucksvolle und exemplarische Falle
beherzten Widerstands, hoher Risikobereitschaft und moralischer
Integritat Einzelner an die Seite stellen, die bislang da nicht
Teil von Haupt- und Staatsaktionen weitgehend unbekannt geblieben
sind. Solche Geschichten von der Herausforderung des Einzelnen zu
erzahlen, war eines der Ziele des vorliegenden Bandes. Sie
verstehen sich nicht als Heldengeschichten oder
Widerstandslegenden, die zwar imponieren, jedoch kaum Verstandnis
fur die Bedingungen der Zeit fordern oder die Verschrankung von
uberindividuellen Bedingungen mit hochst personlichen Impulsen
deutlich machen konnen, aus der heraus Widerstandsverhalten erst
entspringt. Deshalb mussten Lebenspragungen, Milieus,
Veranlagungen, anerzogene Einstellungen, Umwelteinflusse,
Interessen, oft verzweifelte Lebenslagen u.a.m. so anschaulich und
konkret wie moglich beschrieben werden. Das Heldische verliert sich
dabei, das respektabel Menschliche tritt umso plastischer hervor.
Zum Widerstand des Einzelnen gehoren auch die zum Teil durchaus
nicht spektakularen Formen der Auflehnung des kleinen Mannes, Falle
von Nonkonformitat und Opposition, die von ihrem Anlass uberwiegend
unpolitisch und sozusagen privat waren, bis hin zu Fallen, in denen
der Begriff des Widerstands fraglich wird und sich ganz auflost.
Die Geschichten sind zu verstehen als individuelle Ausschnitte und
Variationen der allgemeinen Geschichte des Widerstands und der
Verfolgung in der NS-Zeit."
Die Serie von zwanzig Forschungsbeitragen zum Thema Widerstand und
Verfolgung 1933-45 wird mit diesem Band abgeschlossen. Die Thematik
ist wiederum breit gefachert: Den gesellschaftlichen Mikrokosmos
einer Bergarbeitergemeinde in der NS-Zeit rekonstruiert eine
umfangreiche Lokalstudie uber Penzberg in Oberbayern. Sie bringt
die oppositionelle Beharrungskraft, kollektive Spontaneitat und
Solidaritat kommunistischer und sozialdemokratischer Arbeiter, die
dennoch keine Chance hatten, aktiven Widerstand zu leisten,
eindrucksvoll nahe. Schon kritische Distanz und politische
Flusterwitze wurden im Dritten Reich das zeigt eine Untersuchung
uber die Schnelljustiz des Munchner Sondergerichts massenhaft
denunziert und verfolgt. Aus den Akten erzahlte Dorfgeschichten
veranschaulichen am Beispiel des Kreises Gunzburg Konflikte und
Kompromisse zwischen traditionellen gesellschaftlichen Honoratioren
und neuen politischen Machthabern auf dem Lande. Anfangliche
Erfolge stehen im Kontrast zum schliesslichen Scheitern
nationalsozialistischer Werbung um die Jugend, wie die Darstellung
uber die HJ in der Provinz und uber HJ-feindliche, subkulturelle
Jugendcliquen in der Grossstadt zeigt. Vielfaltige Aktivitaten zur
Kriegsbeendigung, die im Marz/April 1945 in Bayern noch von
verschiedensten Volksschichten ausgingen und noch einmal zahlreiche
Opfer kosteten, bilden das letzte Kapitel der konfliktreichen
Wirkungs- und Verhaltensgeschichte der Hitlerzeit, die in dieser
Sammlung exemplarisch dokumentiert und analysiert worden ist. Uber
die Methoden und Ergebnisse des Projekts, seine auf
Alltagsgeschichte gerichtete Perspektive, wird am Schluss des
Bandes Bilanz gezogen. Diese Bilanz fuhrt auch zu einer kritischen
Neubestimmung des Widerstands-Begriffs."
Mit den neuen Veroffentlichungen hat das grosse Forschungsprojekt
des Instituts fur Zeitgeschichte dem breit entfalteten Bild der
politischen und gesellschaftlichen Konflikte der NS-Zeit in Bayern
weitere eindrucksvolle Konturen hinzugefugt. Lokal und sozial
unterschiedliche Erfahrungen, Betroffenheiten und Verhaltensweisen
im Dritten Reich werden bewusst gegenubergestellt. Am Beispiel
Augsburgs entsteht eine sozialgeschichtlich fundierte, genaue
Vorstellung vom resistenten Milieu sozialistisch gepragter
Arbeiterviertel und Vorstadte, von Widerstands-Kleingruppen, die
sich z.T. noch bis in den Krieg hinein halten konnten. Am anderen
Ende der gesellschaftlichen Skala steht die Traditionswelt des
bayerischen Adels, seine aus uberkommener Staatsabstinenz,
Monarchismus und Republikfeindlichkeit bestimmte Zwiespaltigkeit
gegenuber dem NS. Der minutiosen Fallstudie uber die
personalpolitische Sauberung und opportunistisch-ideologische
Infizierung der Munchener Stadtverwaltung nach 1933 folgen
Ausschnitte aus dem erbitterten Weltanschauungskampf zwischen
NS-Schule und Kirche in der bayerischen Provinz. Kontinuitatsbruche
im Stil der Kunst wie im Verhalten akademischer Kollegen
manifestieren sich in einer Studie uber den Bau des Munchener
Hauses der Deutschen Kunst. Eine ganz andere, elementare
Antriebskraft resoluter Nonkonformitat kommt zum Vorschein in der
Dokumentation uber den Einsatz von Frauen in der Rustungsindustrie.
Der Facettenreichtum konkreter politischer Sozialgeschichte wird in
den sechs Beitragen dieses Bandes immer wieder auch zur spannenden
Lekture."
Was bedeutete NS-Herrschaft fur Provinzzeitungen in der Bayerischen
Ostmark, fur die Munchener Kammerspiele, fur katholische
Jugendorganisationen in Eichstatt oder fur die bayerische
Industriewirtschaft? Wie verhielten sich Verleger, Kunstler,
Jugendliche und Unternehmer bei der Verteidigung ihres beruflichen
Ansehens, ihrer Interessen oder Uberzeugungen? Mit der
realistischen Darstellung dieser ausgewahlten Konfliktfelder der
NS-Zeit, eingebettet zwischen Anpassung und Widerstand, eroffnet
der Band eine Serie von reprasentativen Untersuchungen der
politischen Alltagswirklichkeit des Dritten Reiches.
Gleichgewichtig neben ihnen stehen Beitrage zur Extremsituation der
Verfolgung von politischen Gegnern und Asozialen in den bayerischen
KZ-Lagern Dachau und Flossenburg sowie eine exakte Bestandsaufnahme
des Verhaltens der bayerischen Bevolkerung angesichts der
Judenverfolgung in Stadt und Land. Diese Geschichte von unten macht
deutlich: Das NS-Regime liess keineswegs nur die Wahl zwischen
totaler Unterwerfung und alles aufopferndem Martyrertum, sondern es
bot durchaus auch die Moglichkeit, in zumutbarer Weise wirksamen
Widerstand zu leisten."
Die Geschichtsschreibung uber die NS-Zeit hat meist die
spektakularen Staatsaktionen und die Figur Hitlers in den
Mittelpunkt geruckt. Weitgehend unbekannt blieb dagegen die
Wirkungsgeschichte des NS-Regimes bei den kleinen Leuten, auf der
unteren sozialen und lokalen Ebene. Aus unzahligen Berichten von
Gendarmerie-Posten, Landraten, Ortsgruppenleitern der NSDAP,
Pfarrern, Gestapobeamten, V-Mannern des Sicherheitsdienstes u.a.
heben die Herausgeber diese konkrete, von den Zeitgenossen erlebte
Geschichte aus der Vergangenheit. Die ungeschminkte Sprache
subalterner Beamter und Funktionare erweist sich als Quelle von
erzahlerischer Qualitat und bedrangender Wirklichkeitsnahe. Das
politisch-soziale Milieu bayerischer Dorfer und Kleinstadte, das
Verhalten von Bauern und Industriearbeitern in katholischen und
evangelischen Gemeinden nehmen plastische Gestalt an. Anpassung und
Widerstand werden in ihrer Gebrochenheit und Alltaglichkeit
sichtbar, in ihrer Gebundenheit an materielle Lage, soziale
Strukturen und politisch-kulturelle Traditionen. Die Dokumentation
eroffnet damit auch einen neuen Aspekt der Widerstands-Problematik.
Ausfuhrliche Einleitungen erlautern die Berichte, die uber Bayern
hinaus ein Bild der deutschen Gesellschaft in der NS-Zeit
zeichnen."
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