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Die vorliegende "Allgemeine Operationslehre" bemiiht sich,
Kenntnisse zu vermitteln, die jeder operativ tatige Arzt - ohne
Riicksicht auf sein engeres Spezialgebiet - braucht, urn gute
Ergebnisse zu erzielen. Dazu gehart selbst- verstandlich wie in
friiheren Zeiten in erster Linie die technisch richtige Behandlung
des lebenden Gewebes und die Beherrschung der Gefahren, die dem
Operateur bei jeder kilnstlichen Wundsetzung drohen. Diese Gefahren
liegen in der anatomischen Struktur des Karpers, dem vorliegenden
pathologischen ProzeB sowie in den Infektionserregern der Umgebung.
Aber schon 1927 schrieb KIRSCHNER als ersten Satz im allgemeinen
Teil seiner Operationslehre: "Der operative Eingriff ist nur ein
Teil des chirurgisch-therapeutischen Handelns. " Er riet den
Chirurgen, bemiiht zu sein, den Allgemeinzustand ihrer Kranken
besser zu beurteilen, und er erhob die Mahnung, man solIe nicht das
operieren, was technisch operabel sei, sondern nur das, was
operiert werden darf und muB. KIRSCHNERS Mahnungen folgend, hat die
Chirurgie in den letzten 30 Jahren eine stiirmische Entwicklung
genommen, die auch in diesem allgemeinen Teil der zweiten Auflage
von KIRSCHNERS Operationslehre ihren Ausdruck findet. Die
erstaunlichen Fortschritte beruhen nur zum kleinsten Teil auf
Entwicklung der Operationstechnik, zum graBten Teil darauf, daB die
alten Grundlagen der Chir- urgie (Anatomie, Pathologie und
Bakteriologie) durch Physiologie und klinische Medizin erweitert
wurden.
Die Technisierung des Lebens hat viele Anderungen unserer
Gewohnheiten mit sich gebracht, welche die Ubung und Leistung des
Haltungs-und Bewegungs- apparates einschranken. Der Mensch fahrt in
seiner Freizeit Auto statt zu wandern. Auch beim Arbei- ten steuert
er sitzend eine Maschine, die ihm fruher erforderliche korperliche
Be- tatigung abnimmt. Das Fehlen physiologischer Anstrengungen und
Bewegungen fUhrt allgemein, besonders aber an Muskeln, Bandern und
Geleuken zur Leistungs- minderung, bei Jugendlichen sogar zur
Storung der Entwicklung. Die haufigen Klagen von Patienten, die im
Sitzen arbeiten mussen, lassen die Wichtigkeit dieser Frage
erkennen. Herr Schoberth hat sich in eingehenden Untersuchungen mit
der Physiologie des Sitzens, mit den Sitzschaden und mit den
MaBnahmen zu ihrer Verhutung befaBt. Er konnte viele neue Befunde
erheben. Die Formanderungen der Wirbel- saule beim Sitzen fUhren zu
einseitiger statischer Beanspruchung. Dabei mussen die Muskeln des
Schultergurtels, des Ruckens und des Bauches unter ungunstigen
Bedingungen vermehrt Haltearbeit leisten. Auf Grund der
Beobachtungen uber das Sitzen bei Gesunden und Kranken werden
schlieBlich Richtlinien fUr den Bau von zweckmaBigen Sitzmobeln
aufgestellt. Die Kenntnis der Gefahren langer- dauernden Sitzens
ist fiir die Organisation des Unterrichts in der Schule und fUr den
okonomischen Einsatz im ArbeitsprozeB von weitgehender Bedeutung.
Schoberths Buch ist die erste grundlegende deutschsprachige
Darstellung uber das Sitzproblem. lch bin iiberzeugt, daB diese
Arbeit meines langjahrigen Mit- arbeiters nicht nur fUr sein
engeres Fachgebiet, die Orthopadie, sondern auch fUr den
Physiologen, Arbeitsmediziner und nicht zuletzt fUr den
Mobelkonstrukteur von Bedeutung sein wird.
Die Entscheidung zur Operation ist immer ein schwerwiegender
Schritt. Fortschritte in der Behandlung des Patienten vor, wahrend
und nach der Operation, sowie Entwicklungen in der
Operationstechnik fUhrten zur Aus- weitung der Operationsindikation
etwa im Sauglings- und Greisenalter, bei Schwerverletzten oder bei
Herz- und GefaBkranken. Diese neuen Moglich- keiten bringen aber
auch Gefahren mit sich; man darf nicht alles operieren, was man
operieren kann. Der EntschluB zu einem chirurgischen Eingriff ist
immer einem kritischen Urteil zu unterwerfen. Wichtigste Grundlage
fur die Indikation ist die richtige Diagnose. Dieses Fundament
seiner Therapie sollte der Chirurg vor jeder Operation sorgfaltig
prufen. Daneben muB er den Krankheitsverlauf ohne operativen
Eingriff uberdenken, die Operationsgefahren im Einzelfall ab- wagen
und den moglichen Gewinn fUr den Patienten durch die geplante
Operation beachten. Die Beantwortung all dieser Fragen wird durch
lrrtum und Zufall oft sehr erschwert. Hier ist die enge
Zusammenarbeit des Chirurgen und des Internisten und aller an der
Diagnose beteiligten Spezialisten zu empfehlen. Die gemeinsame
Verantwortung fur den Kranken verbindet alle Beteiligten in ihrem
Bemuhen urn die richtige und rechtzeitige Entscheidung zur
Operation. Rudolf Zenker hat sich urn die technische Entwicklung
der Chirurgie in Deutschland groBe Verdienste erworben. Daneben war
ihm stets die grundHch uberlegte und sachgemaBe Indikation zur
Operation ein besonderes Anliegen. Schiiler und Freunde widmen ihm
dieses Buch zu seinem 70. Geburtstag in Verehrung und Dankbarkeit.
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