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Gleich ob an Hof und Universitat, im Kaufmannshaus oder in der Werkstatt: Jungen und auch Madchen, uber deren Ausbildung verhaltnismassig wenig uberliefert ist, mussten in der Vormoderne (vornehmlich im 15. und 16. Jahrhundert) wie zu allen Zeiten zunachst das funktionale Wissen fur ihr soziales Milieu erlernen und zugleich diese Grundkenntnisse in sozialisierenden Erfahrungen zu erweitern. Aufwachsen in unterschiedlichen sozialen Milieus, Wissenserwerb, Ausbildung spezifischer Lebensformen und Umgang mit ihnen versucht dieser Reader mit einem durch die UEberlieferungslage bedingten besonderen Augenmerk auf furstlichen Hof und Adel in seiner Quellenauswahl zu dokumentieren. Selbstzeugnisse stehen dabei im Vordergrund, sie werden zusatzlich in exemplarischen Studien vertiefend vorgestellt.
Die Studie zeigt, wie hansische Tagfahrten durch Reprasentation und Zeremoniell zum Schauplatz von Rang und Ansehen wurden und sich die Kommunikation der Beteiligten um den Erhalt von Ehre drehte. Fur Hansetage um 1500 liegen Reiserechnungen von Teilnehmern sowie Gesandtschaftsberichte vor, die das informelle Prozedere hansischer Verhandlungen beleuchten. Im Abgleich mit der Reichstagsforschung werden die begrifflichen Grundlagen gelegt, um dann auf Basis eines kommunikationsgeschichtlichen Zugangs die gegenseitigen Ehrenbezeugungen theoretisch zu fassen. Betrachtet werden Kleidung, Beherbergung, Spielleute, Ehrenweingaben, Gastmahler, Prozessionen und Sitzordnungen. Die Ehrsemantik bildete einen Orientierungsrahmen und sicherte in Zeiten schwach ausgebildeter Verfasstheit die Koharenz nach innen sowie Wandelbarkeit in der politischen Kommunikation.
Diese Untersuchung folgt der jungeren Dom- und Stiftskapitelforschung, die sich der Verflechtungsanalyse bedient. Die Studie wendet diesen sozialgeschichtlichen Forschungsansatz erstmals auf ein norddeutsches, stadtburgerlich gepragtes Domkapitel an. Die ubergeordnete These fragt nach den Besetzungsmechanismen am Lubecker Kapitel zwischen 1400 und 1530. Auf der Grundlage eines Personenkatalogs werden Herkunft und Karrieren der Domherren untersucht. Wesentlichen Anteil nimmt die Analyse der sozialen Verflechtungen der Kleriker in Lubeck, in der Region, an den Universitaten und in Rom. Der papstliche Einfluss und die Prasenz der Kanoniker am Tiber wird erstmals gleichgewichtet berucksichtigt. So gelingt es, das Bild der "Kurienferne" fur das Lubecker Domkapitel deutlich zu korrigieren.
Die Reichsstadt Nurnberg hat um 1500 einen umfangreichen Schriftwechsel mit Kurfurst Friedrich dem Weisen von Sachsen (1486 -1525) gefuhrt, der die vielschichtigen Beziehungen zwischen dem Nurnberger Rat und Kursachsen auf einzigartige Weise beleuchtet. Die 446 Briefe umfassende Korrespondenz wird hiermit in einer vollstandigen Edition vorgelegt. Deren Auswertung macht deutlich, dass der Kurfurst von Sachsen gegenuber Nurnberg zeitweise eine koenigsahnliche Rolle einnahm und damit ein politisches Vakuum fullte, das durch die vor allem auf die Aussenbeziehungen des Reiches konzentrierte Politik Maximilians I. entstanden war. Von der engen Beziehung profitierten beide Seiten: Nurnberg genoss die Unterstutzung des Kurfursten im Kampf gegen die zahlreichen ausseren Bedrohungen. Friedrich der Weise nutzte die Moeglichkeit, in der Reichsstadt Munzen pragen zu lassen und das exklusive Wissen weiterer Nurnberger Handwerker fur sich in Anspruch zu nehmen.
Im Jahr 1474 heiratete Graf Eberhard V. "im Bart" von Wurttemberg die italienische Furstentochter Barbara Gonzaga im Beisein einiger tausend Gaste. In dieser Arbeit werden die umfangreichen Vorbereitungen zur Hochzeit und die zeremonielle Durchfuhrung des viertagigen Festes (mit Gottesdiensten, Beilager, Festessen, Tanz und Turnieren) kulturhistorisch untersucht. Daruber hinaus wird gezeigt, wie ein Hoffest und seine ostentative Prachtentfaltung fur die Reprasentation der Dynastie nach aussen sowie fur die herrschaftliche Durchdringung der Grafschaft und die Bindung der weiteren Klientel funktionalisiert werden konnte. Damit wird eine Brucke von der Kultur- zur Verfassungsgeschichte Wurttembergs im 15. Jahrhundert geschlagen. Quellengrundlage der Untersuchung bildet eine Beschreibung und Ordnung der Hochzeit, Gastelisten etc. Die Quellen werden in einer Edition zuganglich gemacht.
Die Frauen der spatmittelalterlichen Ratsherren und Hansekaufleute wurden in der sozial- und wirtschaftshistorischen Forschung bisher kaum berucksichtigt. Ausgehend von diesem Defizit beschaftigt sich die Studie mit den Testamenten von drei Lubecker Ratsherrenwitwen. Dabei werden auch kultur- und literaturwissenschaftliche Fragestellungen aufgegriffen. Die Autorin analysiert die Vermachtnistexte - wegen ihrer kommunikativen Funktion in Anlehnung an die neuere Forschung auch als Selbstzeugnisse gedeutet - vor dem Hintergrund der von ihr ermittelten Biographien der Testatorinnen und mit Blick auf zeitgenoessische konventionelle Handlungsmuster und Rollenbilder, um Personenaspekte der drei Frauen ableiten und ihnen als historischen Personen "ein Gesicht" geben zu koennen.
Was war die Hanse? Ein Stadtebund? Diese Untersuchungen betrachten die "Stadtehanse" unter einem neuen Aspekt und kommen zu einer anderen Antwort auf diese seit hundert Jahren strittige Frage. Im Mittelpunkt stehen die Ratsherren, die als Delegierte Stadte auf dem Hansetag vertraten und die hansische Politik bestimmten. Es zeigt sich, dass diese Herren nicht an erster Stelle auf die Interessen einer Stadt verpflichtet waren. Sie waren verwandtschaftlich und geschaftlich mit fuhrenden Kaufleuten und Ratsherren in anderen Stadten verbunden. Auf Hansetagen trafen sie enge Geschaftspartner und Verwandte wie Cousins, Schwager, Onkel oder sogar Bruder, die als Delegierte anderer Stadte auftraten. Die (handelspolitischen) Interessen dieser stadteubergreifenden Netze vertraten die Delegierten auf den Versammlungen. Auf Hansetagen wurden die unterschiedlichen Netze immer wieder zum Netzwerk Hanse verbunden.
aus der Presse "'Europa im Spatmittelalter' ist ein Buch, das von einem breit gefacherten Publikum mit Gewinn gelesen werden kann, weil es insgesamt zugleich so lebhaft und flussig wie aktuell und kenntnisreich geschrieben ist, dass einerseits Nichtfachleute einen Uberblick gewinnen konnen, wahrend andererseits Experten Anregungen zu neuen Entwicklungen und Forschungslucken erhalten." Susanne Krauss, Das Historisch-Politische Buch "Die ersten 90 S. ('Raum, Wirtschaft und Menschen') sind eine Klasse fur sich. Eine solch dichte, klare und eindruckliche Darstellung der sozialgeschichtlichen Dimension des spaten MA ist ein Glucksfall." Martin Kaufhold, Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters "Europa im Spatmittelalter ist ein Buch, das von einem breit gefacherten Publikum mit Gewinn gelesen werden kann, (...) trotz massiver Informationsverdichtung ein glanzend geschriebenes Werk (...), das (...) streckenweise geradezu einen Lesegenuss darstellt." Christine Reinle, Vierteljahrschrift fur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 91, 4/ 2004"
King Ruprecht (14001410) from the Palatine House of Wittelsbach is described in literature as a poor king. The Roman-German kings of the late Middle Ages were all "poor" as far as the liquid funds to finance the needs of their imperial government were concerned. Structurally, the crown had to reckon with two phenomena: the crown estate had eroded down to the remains despite Rudolf von Habsburg's reindications. General imperial taxes could not be written out due to the privilege armor of princes, nobility and imperial cities and the coherence problem of the royal distance of the north. The exemplary study examines how the crown dealt with these dilemmas. Which negotiation methods did the king, court and chancellery find to finance government activities and how was it possible to set up an efficient administration? Based on the thousands of promissory notes and receipts, it is shown why Ruprecht was the late medieval "king who managed best" (Peter Moraw).
Der Band enthalt ausgewahlte Schriften Ulf Dirlmeiers zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Sie sind entsprechend der Schwerpunkte des Schaffens Ulf Dirlmeiers, des Mitbegrunders der Alltagsgeschichte des Mittelalters, in funf Abschnitte geordnet: Raumliche Bedingungen, in denen Menschen wirtschafteten und politische Entscheidungen auch unter oekonomischem Kalkul trafen; Geschichte spatmittelalterlicher Lohnarbeit, insbesondere auf den Baustellen der Zeit; Konsumgewohnheiten in spatmittelalterlichen Stadten; historische Umweltforschung und Geschichte der Inneren Urbanisierung sowie spatmittelalterliche Stadte als soziale Koerper, insbesondere die Formierung der Ratsherrschaft und die Moeglichkeiten sozialen Aufstiegs. Kollegen, Kolleginnen und Schuler haben ausserdem ihre Erinnerungen an den 2011 verstorbenen Ulf Dirlmeier beigetragen.
Der Band vereinigt die Vortrage, die auf der gleichnamigen Sektion des 45. Historikertages vom 14.-17. September 2004 in Kiel gehalten wurden, und die durch einige Beitrage erganzt werden. Gemeinsamer Gegenstand ist die Frage, ob und wie sich die Tatsache, dass die spatmittelalterlichen Stadte in wirtschaftlicher Hinsicht mit dem naheren und ferneren Umland eng verbunden waren, auf die stadtischen Finanzen auswirkte. Untersucht wird dies anhand des Rentenverkaufs, der Einfuhrung neuer Steuern, der Abwicklung des Zahlungsverkehrs und der Organisation von Kriegszugen. Als gemeinsames Ergebnis lasst sich festhalten, dass die Kommunikation zwischen den Stadten und mit dem Umland erstaunlich gut funktionierte.
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