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Die Erforschung des Aufbaues kristalliner Substanzen hat in den letzten Jahr- zehnten eine sturmische Entwicklung genommen, da man aus den Roentgeninter- ferenzen die Atomlagen im Gitter bestimmen kann. Bei Verwendung elektro- nischer Rechenmaschinen ist es heute moeglich, selbst komplizierte Gitter in ihrer Struktur aufzuklaren. Unsere heutige Kenntnis der Nahordnung der Atome in amorphen Substanzen und Schmelzen ist noch immer gering. Dies hangt damit zusammen, dass die Methodik der roentgenographischen Bestimmung der Abstandsstatistik zwischen den Atomen experimentell schwierig ist und einen grossen Rechenaufwand er- fordert. Hinzu kommt, dass das Erkennen von Fehlerquellen auf grosse Schwierig- keiten stoesst. Vor allem aber kann aus einer mit grossen Muhen gewonnenen Abstandsstatistik nicht immer etwas uber die raumliche Verteilung der Atome ausgesagt werden. Bei dieser Sachlage sahen wir uns vor die Aufgabe gestellt, zunachst die Mess- methodik zu verbessern, und die mathematischen Rechenmethoden auf ihre Fehlerquellen hin zu untersuchen und genauer zu gestalten. Dazu wurden im all- gemeinen amorphe Substanzen als Untersuchungs objekte herangezogen, da man hier aus chemischen Grunden etwas uber die Nahordnung aussagen und so die roentgenographisch bestimmte Nahordnung mit der theoretisch geforderten ver- gleichen kann. Daruber hinaus wurden Schmelzen untersucht und zwar insbe- sondere solche, die in der Technik eine Rolle spielen. Hier ware zu nennen die in der Technik so wichtigen Halbleiter Ge und InSb, die durch Zonenschmelzen ge- wonnen werden und das geschmolzene Bi, welches in der Reaktortechnik eine Rolle spielt.
1m Jahre 1839 fand GOODYEAR 1], daB sich der Rohkautschuk durch Behand lung mit Schwefel bei erhohter Temperatur in ein elastisches Produkt tiberftihren laBt, den technisch so wichtigen Gurnmi. Aber erst urn die Zeit des ersten Weltkrieges fand man, daB die Reaktion des Schwefels mit den ungesattigten Kohlenwasserstoffen des Kautschuks durch Zugabe sogenann ter Vulkanisationsbeschleuniger erleichtert werden kann. Die Umsetzung verlauft dann nicht nur schneller und bei tieferen Temperaturen, sondern man benotigt auch weniger Schwefel, und die Vulkanisate erhalten wesent lich bessere technische Eigenschaften. So kommt es, daB in der Technik eine ungeheure Zahl von. Verbindungen auf ihre vulkanisationsbeschleuni genden Eigenschaften hin untersucht worden sind und man viel Mtihe darauf verwandt hat, Vulkanisationsbeschleuniger mit technisch moglichst gtin stigen Eigenschaften zu entwickeln. Man kennt heute Beschleuniger, die es gestatten, die Vulkanisation schon bei Zimmertemperatur durchzuftihren. Die Untersuchungen der vulkanisationsbeschleunigenden Wirkung vieler Substanzen wurden im wesentlichen nach technischen Gesichtspunkten durch geftihrt. Erst weiter unten werden wir auf die Ergebnisse der in neuester Zeit nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten angesetzten Arbeiten zu sprechen kommen, in denen die Frage nach der Erhohung der Reaktionsge schwindigkeit des Schwefels mit dem Rohkautschuk behandelt wird. Den Mechanismus der Katalyse kann man in zwei Richtungen zu deuten ver suchen. Entweder wird die Reaktionsfahigkeit der ungesattigten Kohlen wasserstoffe des Rohkautschuks gesteigert, oder der Schwefel wird in eine reaktionsfahigere Form tiberftihrt."
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