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Wie redet man uber Liebe und vor allem - wie redet man uber das
Reden uber Liebe? Diese Fragen stellen sich zwei narrative
Grossformen des 14. Jahrhunderts: Hadamars von Laber 'Jagd' und die
anonym uberlieferte 'Minneburg'. Sie entwerfen in der komplexen
Konstellation der zeitgenoessischen, liebesthematischen Dichtung
zwei jeweils unterschiedliche Antworten darauf, die ihnen selbst
einen Sonderstatus zukommen lassen. Ihre Positionen innerhalb des
poetologischen Diskurses stehen zueinander in direkter Konkurrenz.
Insbesondere mithilfe verschiedener Schreibweisen, die von
(Klang-)Rhetorik, Intertextualitat und Metaisierung gepragt sind,
arbeiten sie an einer eigenen Metasprache, die gleichzeitig
verschiedene Diskurse und Genera miteinander verschrankt. Sie
verhandeln damit nicht mehr nur allegorische Modelle fur das
Lieben, sondern sie ziehen eine zusatzliche Metaebene in ihre Texte
ein und beteiligen sich am poetologischen Diskurs ihrer Zeit uber
das angemessene, affektgetreue und affektgesteigerte Sprechen uber
die Liebe. Damit kommunizieren sie ihre jeweils eigene Poetologie
im Spannungsfeld von Inhalt und Form, von Tradition und Innovation.
Versprechen sind prekar. Denn nimmt man sie als Worte, verpflichten
sie zu Taten. Diese also heiklen Sprechhandlungen sind von
literarischem Reiz. Namentlich Burgschafts- und
Fleischpfand-Geschichten verhandeln Versprechen. In einer
differenzierenden und systematisierenden Lekture eben solcher Texte
setzt die Untersuchung ihr doppeltes Forschungsvorhaben um: Zum
einen lotet sie die Bedingungen des literarischen Versprechens aus
- um diese als koerperliche, oekonomische und poetische zu
erhellen. Zum anderen eroertert sie, auf Burgschaft und
Fleischpfand aufmerkend, zwei Erzahltypen. Die Studie ist diachron
angelegt und verfahrt komparatistisch. Und sie bedient sich
sprechakttheoretischer UEberlegungen sowie poetologischer und
kulturwissenschaftlicher Ideen. Was die Textauswahl betrifft,
werden mehrheitlich mittelalterliche Erzahlungen bedacht. Die
Arbeit berucksichtigt indes auch eine Fabel von Hyginus, Schillers
Burgschafts-Ballade und Shakespeares Tragikomoedie The Merchant of
Venice.
Dinge bewegen die Welt fruhneuzeitlicher Prosaromane. Sie werden
getauscht, verschenkt, gehen verloren und werden gefunden. In der
Melusine wird eine tafel mit der ganzen Familiengeschichte
gefunden, Fortuna schenkt Fortunatus im gleichnamigen Roman einen
glucksseckel, in der schoenen Magelona werden ringe genutzt, um die
adlige Herkunft zu beglaubigen, und im Gabriotto und Reinhart
dienen rosen Liebenden als heimliches Liebeszeichen. Werden diese
Dinge in die Lekture und Analyse der fruhen Prosaromane einbezogen,
so zeigt sich, dass ihr Aufbau keineswegs simpel und alleine vom
Ende her bestimmt ist, wie ihnen oft vorgeworfen wird, sondern dass
diese fruhen Romane ganz einfach mit einem anderen Koharenzsystem
arbeiten als mit jenem, welches uns von den hoch artifiziellen
hoefischen Romanen der hochmittelalterlichen Blutezeit oder von
modernen Romanen vertraut ist. In der Auseinandersetzung mit der
Melusine, dem Fortunatus, der schoenen Magelona und dem Gabriotto
und Reinhart zeigt sich, dass jeder dieser Romane auf seine ganz
eigene Art und Weise Dinge nutzt, um verschiedene Handlungswelten
zu verbinden und Koharenz herzustellen.
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