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Dieser Band behandelt das weite Gebiet der organisch bedingten psychischen Stoerungen. Einleitend werden die Grundlagen der psychoorganischen Syndromlehre, der Neuropsychologie, Neurophysiologie und Neuroradiologie abgehandelt. Der Hauptteil des Bandes beschreibt in mehreren Beitragen alle wichtigen Gruppen psychiatrischer Krankheiten, die organisch bedingt sind. Ein Bericht uber den gegenwartigen Stand der Schlafforschung beschliesst den Band. Insgesamt wird mit diesem Band ein zusammenfassender UEberblick uber ein Thema vermittelt, das trotz seiner grossen epidemiologischen Bedeutung seit langerer Zeit nicht mehr im Vordergrund des psychiatrischen Interesses gestanden hat.
Die bisherigen acht Bande von "Psychiatrie der Gegenwart" waren jeweils auf bestimmte thematische Schwerpunkte bezogen. Nur einzelne Kapitel wurden aufgenommen, deren Inhalt uber denjeweiligen Titel des Bandes hinauswies und auch fiir andere psychiatrische Fragestellungen relevant war. Der jetzige neunte B I1dcvereint in sich eine Reihe von Beitragen, die thematisch keinem der fruheren Bande zugeordnet werden konnten. Dennoch handelt es sich um Brennpunkte der gegenwartigen Psychiatrie, die auch in einem kurzgefaBten Handbuch nicht fehlen durfen. Hierzu gehoren Kapitel, die - wie zum Beispiel der Krankheitsbegriff in der Psychiatrie oder der heutige Stand der Psychopathologie - eher fUr solche Leser gedacht sind, die vorwiegend an den theoretischen Grund- lagen unseres Faches interessiert sind. Andere Beitrage beschiiftigen sich mit dem psychiatrischen Interview, der standardisierten psychiatrischen Befunderhebung oder der psychiatrischen Klassifikation und sind starker praxisorientiert. In weiteren Beitragen werden Probleme des psychiatrischen Datenschutzes und aktuelle Fragen der psychiatrischen Genetik dargestellt und einige Themen der forensischen Psychiatrie auf- gegriffen. Fur viele Leser wird es interessant sein, sich mit den Wand- lungen der psychiatrischen Institutionen innerhalb der letzten Jahr- zehnte auseinanderzusetzen. Das Kapitel uber die psychiatrische Epide- miologie geht unter anderem auf epidemiologische Aspekte des Alkoho- lismus ein und erganzt damit die Abhandlung des dritten Bandes. Der letzte Band von "Psychiatrie der Gegenwart" schlieBt mit einer Darstellung der Psychiatrie im Nationalsozialismus. Die Herausgeber hoffen damit die Erinnerung an eine furchtbare Periode der Psychiatrie- geschichte wachzuhalten. Moge das BewuBtsein dieser unheilvollen Ereignisse die Psychiatrie in aller Zukunft vor ahnlichen Irrwegen bewahren.
Mit zunehmender UEberalterung der Bevoelkerung kommt den Problemen der psychiatrischen Alterspathologie eine standig wachsende Bedeutung zu. Deshalb ist diesem Thema erstmals im Rahmen der Psychiatrie der Gegenwart ein eigener Band gewidmet, der alle Aspekte der Alterspsychiatrie (Gerontopsychiatrie) umfassend abhandelt. Die Alterspsychologie, die Klinik, das Demenzproblem, die Psychotherapie, die Pharmakotherapie, aber auch Versorgungsprobleme und Fragen der Sterbehilfe werden von kompetenten Fachleuten nach dem heutigen Kenntnisstand dargestellt.
Dieser Band sucht den gegenwartigen Stand und die Perspektiven der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Praxis und Forschung wiederzugeben. Sein Zustandekommen ist einer bemerkenswert konstruktiven Zu- sammenarbeit von Autoren, zumal der deutschen Kinder- und Jugend- psychiatrie, zu danken. Der aktuelle klinische Erfahrungsfundus dieses Faches, dessen Ringen urn institutionelle und edukative Autonomie neben der "Er- wachsenenpsychiatrie" noch keineswegs abgeschlossen ist, sollte ver- mittelt werden, und es waren Forschungsgebiete auszuleuchten, die sich gerade jetzt in lebhafter Bewegung befinden, z. B. Oligophrenien/Geno- pathien, autistische Syndrome, Risiko-Forschung u. a. Diagnostik- Forschung und Therapie werden gerade in diesem Bereich stark durch interdisziplinares Denken, durch Vieldimensionalitat und multiprofes- sionelles Vorgehen bestimmt. Starker noch als die ubrigen Domanen der Psychiatrie ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie angewiesen auf ein prazises Wissen uber "normale" Verlaufe der kognitiven, emotiven und sozialen Entwicklung. Die vielgestaltigen seelischen Lebenserschwernisse und Erkrankun- gen, zumal des fruhen und spateren Kindesalters sowie der Pubertatszeit verweisen - gewissermaBen in statu nascendi - auf die dann ausgeprag- teren, in ihren Verlaufen vielfach verfestigten seelischen Beeintrachti- gungen des Erwachsenenalters. Kinder- und jugendpsychiatrische For- schung hat auf diese Weise eine besondere Nahe zur genetischen, neuro- biochemischen, psychophysiologischen und psychologischen Grund- lagenforschung. Unter diesem Gesichtspunkt ist es berechtigt, die Kinder- und Jugendpsychiatrie wiederum als eine Art Basis-Disziplin der "Erwachsenenpsychiatrie" aufzufassen. Die Herausgeber hoffen, daB dem Leser in den hier versammelten Beitragen derartige Gesichtspunkte einer integrativen Psychiatrie deut- lich werden. Herrn Prof. H. Remschmidt haben wir fur kundige Beratung bei der Planung dieses Bandes Dank abzustatten.
Mit Ausnahme des Kapitels uber allgemeine Psychopharmakologie ist dieser Band ausschliesslich den Schizophrenien gewidmet. Der Leser beachte den Unterschied zur zweiten Auflage: dort wurde den Schizo- phrenien ein Kapitel gewidmet, heute legen wir einen ganzen Band vor. Heisst dies, dass die Forschung ganz neue Resultate hervorgebracht hat? Unsere Antwort ist: nein. Die Herausgeber meinen jedoch, dass hervor- gehoben werden kann eine Vertiefung des psychodynamischen Ver- standnisses und eine Verbreiterung des biologischen Ansatzes anderer- seits. Durch umfassende Katamnesen wurde der Verlauf der Schizo- phrenien klarer erkenntlich, die Behandlungsstrategien haben sich verfeinert, insbesondere was die Ruckfallprophylaxe durch Dauermedi- kation betrifft. In den Abschnitten zur Psychopathologie musste Ruck- sicht genommen werden auf die heute scharfer denn je ins Blickfeld getretene Schwierigkeit der Abtrennung der Schizophrenien sui generis zu Grenzsituationen. UEberhaupt wird der Leser in den Kapiteln zur Psychopathologie wohl den auffallendsten Unterschied zu den vorher- gehenden Auflagen konstatieren. Wohl haben die Autoren mit Recht die von Kraepelin und Bleuler vorgezeichneten Pfade nicht ganz verlassen, aber das Hauptgewicht liegt nicht mehr auf der subtilen Beschreibung sogenannter typischer Bilder, sondern auf der Einbettung der Sympto- matologie in einen allgemeinen Zusammenhang. Die unaufhaltsame Spezialisierung hat mit sich gebracht, dass es keinen Manfred Bleuler mehr gibt, der wie damals in der zweiten Auflage das ganze weite Gebiet der neueren Schizophrenieforschung uberblickt hatte. So mussten wir in Kauf nehmen, dass die einzelnen Beitrage sich gelegentlich uberlappen, aber auch dass der Puzzle-Charakter der heutigen Schizophrenielehre scharfer zum Ausdruck kommt als in der ersten und zweiten Auflage.
Psychiatrie der Gegenwart erscheint jetzt mit neuem Konzept. Diesem ersten Band werden in halbjahrigen Abstanden acht weitere folgen. Jeder Band umfasst einen praktisch bedeutsamen Themenkreis der Psychia- trie. In ihrer Gesamtheit bilden sie ein Informations- und Nachschlage- Werk fur Psychiater, Psychotherapeuten, Psychosomatiker und kli- nische Psychologen, welche in der praktischen Arbeit und in der Forschung stehen. Es soll zugleich denjenigen Lesern dienen, welche in Weiterbildung und Fortbildung nach einer systematischen Darstellung des heutigen Erfahrungsstandes der Psychiatrie suchen. Wenngleich Psychiatrie heute mehr denn je international orientiert ist, so liegt dieser Neuauflage des Werkes doch die publizistische Idee zugrunde, den europaischen Leser anzusprechen. Diese Zielrichtung kann sich auf eine seit einem Jahrzehnt zu beobachtende erstaunliche Renaissance nosologisch-diagnostischer Ansatze berufen, deren Ur- sprung in der Tradition europaischer klinischer Forschung liegt. Die Beitrage von Autoren ausserhalb des deutschen Sprachgebietes wurden ubersetzt, um das Werk sprachlich einheitlich zu halten. Jeder Einzelband ist handlich. Die im Band versammelten Beitrage sind nicht auf eine - heute durch Literatur-Dienste bequemer erreich- bare - handbuchhafte Perfektion der Darstellung und der Literatur- Verweise angelegt; sie erschliessen vielmehr neuere und neueste Entwick- lungen des Wissens und Koennens zum jeweiligen Thema unter straffer Verwertung zusammenfassender Darstellungen und wissenschaftlich bzw. praktisch weiterfuhrende Einzelarbeiten. Die voellige Neugestaltung dieses Werkes hatte den Gedanken nahe- legen koennen, es nicht als dritte Neuauflage zu bezeichnen und ihm einen neuen Titel zu geben. Die Herausgeber haben dies erwogen und der Tradition des Namens Psychiatrie der Gegenwart die Treue gehalten.
Der 5. Band der "Psychiatrie der Gegenwart" behandelt das Thema der affektiven Psychosen. Einleitend wird der Begriff der affektiven Erkrankungen erlautert und Epidemiologie, klinische Symptomatologie und Verlauf dieser Psychosen besprochen. Der gegenwartige Stand des Wissens uber die Genetik und die Bedeutung von Primarpersonlichkeit und psychosozialen Einflussfaktoren sowie uber die biologischen Grundlagen manisch-depressiver Erkrankungen werden dargestellt. Eine Ubersicht uber die somatischen Therapieverfahren, die psychotherapeutischen Behandlungsmoglichkeiten unter Einbeziehung psychoanalytischer Gesichtspunkte sowie uber die Lithiumprophylaxe erganzt die Ausfuhrung. Weitere Kapitel beschaftigen sich mit Rhythmusfragen und mit rollendynamischen Aspekten manisch-depressiver Psychosen. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, den in der Weiterbildung befindlichen Psychiater mit den klinischen Grundlagen und den heutigen Forschungskonzepten vertraut zu machen, die fur das Verstandnis manisch-depressiver Psychosen und die Behandlung der an dieser Erkrankung leidenden Patienten erforderlich sind."
Diese Arbeit ist aus dem praktischen Bediirfnis entstanden, fiir die entschadi- gungsrechtliche Begutachtung von iiberlebenden Opfern der nationalsozialisti- schen Verfolgung mit seelisch-nervosen Storungen verlaBliche Grundlagen zu finden. Seit etwa 1950 und in stets steigendem AusmaB seit dem ErlaB des Bundes- entschadigungsgesetzes in seiner jetzigenForm (1956) tritt die Frage an den psychi- atrisch-neurologischen Gutachter heran, ob, in welch em Umfang und in welcher Weise psychisch-nervose Normabweichungen und Krankheitszustande bei Ver- folgten des NS-Regimes mit den seinerzeit innerhalb und auBerhalb der Konzen- trationslager erlittenen Beeintrachtigungen der seelischen und korperlichen Inte- gritat zusammenhangen. Dabei wurde es immer deutlicher, daB die in der neuro- psychiatrischen Wissenschaft bisher erarbeiteten BeurteilungsmaBstabe und gut- achtlichen Richtlinien nicht voll ausreichen, um die Entstehungsweise und Trag- weite der in diesem Fachgebiet liegenden Gesundheitsschaden der Verfolgten zu erfassen. Es war hier etwas Neues in Erscheinung getreten: chronische, auBerst hartnackige, therapeutisch wenig beeinfluBbare Beschwerden, Leistungsmangel, Veranderungen der sozialen Personlichkeit, die sich bei fehlendem oder gering ausgepragtem Organbefund, hirnpathologisch nicht erklarbar, in biographischer Kontinuitat aus den furchtbaren, leiblich-seelisch-sozialen Schicksalen der Ver- fQIgung entwickelt haben und nur in den wenigsten Fallen den Eindruck einer tendenziosen, rentenneurotischen, iibertreibenden, ganz oder halbwegs gewollten Fehleinstellung hinterlassen. Nicht schlechthin, aber relativ neu: das chronische, meist in diesel' oder jener Weise depressiv gefarbte Storungsbild derartiger FaIle, die Herkunft aus einer extremen Belastungssituation, die durch ihre lange Dauer, ehr noch durch ihre aIle menschlichen Daseinsbereiche einschlieBende Totalitat !l n Menschen aller Existenzsicherheit_ beraubte, neu aber auch die Notwendig.
Einige Hinweise vorab sollen dem Leser die thematische Vielfalt dieses Bandes erlautern. Er ist vorwiegend solchen Themen gewidmet, die Beruhrungspunkte zur Tatigkeit anderer arztlicher und nicht-medizini scher Berufsgruppen aufweisen. Dies gilt bereits fur den ersten Beitrag, der sich mit der Krisenintervention und Notfallpsychiatrie auseinander setzt und dabei auch auf spezielle Dienste und Einrichtungen eingeht, die sich ausserhalb der allgemeinpsychiatrischen Versorgung entwickelt haben. Es folgt ein Beitrag, der sich mit den heute besonders aktuellen Fragen nach den rechtlichen Voraussetzungen fur die Einweisung akut Kranker auseinandersetzt und auch die Voraussetzungen und Aus wirkungen von Pflegschaft und Entmundigung eroertert. Der zweite Abschnitt ist allein dem Thema "Suizidalitat" gewidmet, wobei es nicht nur um die klinischen und therapeutischen Aspekte beim Suizidversuch geht, sondern auch um die wichtigen Fragen nach Epidemiologie von Suizidversuchen und Suizid sowie nach den heute gegebenen Moeglichkeiten der Pravention. Im dritten Abschnitt ist von der "Konsiliarpsychiatrie" die Rede. Dieser Begriff wird hier nicht als Gegensatz zu "Liaisonpsychiatrie" verstanden, bei der der Psychiater ganz in die tagliche Arbeit einer anderen medizinischen Disziplin einbezogen ist. Mit "Konsiliarpsychia trie" meinen die Herausgeber vielmehr in einem allgemeineren Sinn die Erkennung und Beeinflussung seelischer Stoerungen, die im Zusammen hang mit koerperlichen Krankheiten und modernen Therapieverfahren auftreten.
Die Psychopathologie der Schizophrenien blieb am Leitfaden des klinischen Wissens um ihrc deletaren Ausgange haufig eine Erforschung. seelischer Defizien zen. Der hier unternommene Versuch legt dagegen Grundbestande schizophrenen Erlebens auf seelische Positivi tat hin aus, d. h. auf eigenartige Verfassungen, in dcnen sich eine Tcndenz nach seelischer Ordnung bekundet. DieW eise dieser Bckundung ist dem V crstehen meist nicht unmittelbar zuganglich. Der Zugang der U ntersuchung bedarf der Vermittlung durch cin indirektes Yerstehen; diescs gehort dcn von KGNZ als konstruktiv-entwerfcnd bezeichneten Erkcnntnisweisen zu und wird hier mit aHem Wissen um dercn Einschrankungen geiibt. Del' im Untertitel erscheinende Bcgriff del' Psychonomie soll eine Grundhaltung anzeigen, die in der psychiatrischen Tradition del' "Psychikcr" stchL ohnc damit zugleich "psychistisch" oder "psychogenetisch" zu scin. icht weniger als dcm Somatologen ist dem Psychopathologen der Umgang mit dem Schizophrenen zugleich das Abschreiten cines Horizontes RPincs Nicht wissens. Er ist, wiewohl in klini8chen Denktraditioncn crzogen, dic sein Alltagstun verliiBlich zu umgrcnzen schcinen, in cine Schwierigkeit geratcn, scitdem er sich einem Anspruch seiner verriickten Alltagspartner ausgesetzt sicht, den produktiv zu bewaltigen er durch die klassischen Schizophreniewerkc nicht hinreichcnd vor bcreitet ist."
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