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Gegen die selbstverschuldete Unmundigkeit einer zu stark auf
funktionale Differenzierung beschrankte Sozialwissenschaft gilt es,
die klassische Trias der Differenzierung mit Bezug auf die
Leistungsfunktionen der politischen Offentlichkeit in der
Demokratie wieder zur Diskussion zu bringen: Dabei wird klar, dass
die okonomische Globalisierung, die politische
Transnationalisierung und die Segmentierungen in den
Zentrumsgesellschaften neben der Ausdifferenzierung eines
eigenlogischen Mediensystems seit dem Ende des Kalten Krieges die
Leistungsfunktionen der politischen Offentlichkeit und damit die
Demokratie beeintrachtigen."
6ffentlicher Kommunikation, weil nur ein, Publikum sich selbst
aufkl iren" kann. In dieser Kantschen Formulierung des Aufkl
irungscredos verbinden sich die For- rungen nach freier
Offentlichkeit, Emanzipation und liberalem Rechtsstaat, weil die
vemtinftigen Ergebnisse freier Kommunikation beides, eben diesen
Rechtsstaat und das aufgekl rte bfirgerliche Individuum,
konstituieren k6nnen. Die Freiheit der M- hung, der Rede, der
Publizistik und der Versammlung- also die biirgerli- demokratischen
Grundrechte- sind hier Bedingung S ie bedingen die Elimination der
anciens r6gimes zugunsten einer Biirgergesellschaft, die sich tiber
6ffemliche Kommunikation und das politische Handlungssystem selbst
- stimmt. Diese 6ffemliche Kommunikation sorgt in der Perspektive
der Aufkl irung die Miindigkeit der Bfirger und versetzt sie qua
eigenes Denkverm6gen in die Lage, zu theoretischen und praktischen
Einsichten zu gelangen, die auf prinzipielle Weise an das
DenkvermOgen der anderen Staatsbtirger anschlussf ihig sind.
Dadurch ist die 6ffemliche Kommunikation Voraussetzung der
Gesellschaftsf ihigkeit und der Zivilisierung des Menschen. Gerade
weil sie Universalistisches hervorbringt, k- nen sich die Menschen
auf das Allgemeingiiltige einigen. Damit ist die 6ffemliche
Kommunikation gleichzeitig auch das Medium sozialer Imegration:
Diese ist schlicht die gemeinsame Einsicht in das Allgemeingtiltige
und Notwendige. Vora- setzung hierzu ist die Freiheit der
Reflektierenden.
Einer der derzeit intensiv debattierten Begriffe ist derjenige der
Mediengesellschaft. Dieses Buch ausgewahlter Beitrage zu diesem
Terminus fuhrt in die Debatte uber Gesellschaftsbegriffe ein und
diskutiert das Konzept der Mediengesellschaft zusammen mit den
Begriffen Medialisierung und Mediatisierung. Generell wird hier
davon ausgegangen, dass die Ausdifferenzierung eines eigenstandigen
Mediensystems die Beziehungen zwischen den zentralen Teilsystemen
moderner Gesellschaften fundamental andern und die Akteure aller
Teilsysteme, einem Medialisierungs- oder Mediatisierungsdruck
aussetzen. Neben dem Teilsystem Wissenschaft steht das oekonomische
System und das politische System im Zentrum.
Bei aller Mannigfaltigkeit der sozialwissenschaftlichen Theorien
lasst sich ein gemeinsamer Begriff ausmachen, der samtliche
Theorieschulen oder -schwarme kennzeichnet: die zentrale Bedeutung
des Terminus Kommunikation. Im Licht dieser Fundamentalkategorie
und unter dem Eindruck der mediengesellschaftlichen
Entwicklungsdynamik rucken mehr und mehr die Interdependenz
zwischen dem Mediensystem und anderen Teilsystemen
ausdifferenzierter Gesellschaften in den Fokus der Diskussionen."
Politische Herrschaft in modernen demokratischen Gesellschaften ist
auf Grundrechte abgestutzt, zustimmungsabhangig und
begrundungspflichtig. Zustimmung und Begrundung realisieren sich im
wesentlichen durch politische Kommunikation. Mit der
OEffentlichkeit sind deshalb die Legitimitatsgeltung moderner
Herrschaftsordnungen, die Auseinandersetzungen um ihre
Verfasstheit, um ihre Institutionen und ihre Steuerungsfahigkeit
untrennbar verknupft. Dies verleiht dem erneut und auf vielfaltige
Weise beklagten "Zerfall der OEffentlichkeit" Gewicht.
Mit Bezug auf die bemerkenswerten Veranderungen der oeffentlichen
politischen Kommunikation seit den sechziger Jahren, insbesondere
jedoch seit der Deregulierung der elektronischen Medien und der
oekonomischen Konzentration, Globalisierung und Diversifizierung
des Mediensystems in den achtziger Jahren, gilt das Interesse des
Bandes den Steuerungs- und Regelungsproblemen in der
Informationsgesellschaft. Dies erfordert eine
gesamtgesellschaftliche Perspektive, die das Verhaltnis der Systeme
Politik, OEkonomie und Medien fokussiert. Der gewandelte
Zusammenhang der drei Teilsysteme lasst sich beschreiben als
Resultat zweier gegenlaufiger Entwicklungen: der Ausdifferenzierung
des Mediensystems vom politischen System einerseits sowie der
Entdifferenzierung der Medien vom oekonomischen System
andererseits. Aufgrund dieser Veranderungen ergeben sich
grundsatzlich neue Regelungsfelder und Steuerungsbedarfe.
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