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65 Jahre nach Grundung der Artusgesellschaft fragt die Artusforschung nach dem Beitrag, den sie heute fur Fragestellungen der modernen kulturwissenschaftlichen Literaturwissenschaft leisten kann. Junge und erfahrene Artusforscher(innen) gehen am Beispiel verschiedener europaischer Artusromane zentralen Fragen aus den Bereichen Gender Studies, Spiritualitatsforschung, Literatursoziologie/ Gewaltforschung, Narratologie und Medienkulturwissenschaft nach. Die Artusliteratur erweist sich hierbei als ein ideales Arbeitsfeld fur den internationalen Dialog uber kulturelle Grundpositionen und ihren Niederschlag in der Literatur."
Oft ist vom 'Artusmythos' die Rede, wobei 'Mythos' alltagssprachlich letztlich alles Altertumliche, Bedeutungs- oder Geheimnisvolle bezeichnen kann. Dem steht eine aktuelle geisteswissenschaftliche Diskussion uber den Begriff des 'Mythos' gegenuber. Die Germanistik ubernimmt hierbei meist eine Vorreiterrolle. Der vorliegende Band oeffnet die Diskussion programmatisch fur den interdisziplinaren Dialog mit den anderen Philologien. Fokussiert auf das Feld der Artusliteratur, fragt der Band danach, welches Verstandnis von 'Mythos' welchen Phanomenen im arthurischen Roman angemessen ist. Inhaltlich wird der Begriff mit vorchristlichen Glaubens- und Weltmodellen verbunden; die Beitrage analysieren die Nachwirkung des mythischen Substrats in der Artusdichtung. Strukturell und formal wird der 'Mythos' als eine a-kausale, zeitlose Erzahlform verstanden, als eine Alternative zur Historiographie; zuweilen nahert er sich dem Fiktionalen, Magischen oder Symbolischen an. Deutlich wird, wie die einzelnen Romane je anders mit dem Mythischen umgehen, es destruieren, funktionalisieren oder restituieren. Der Band zeigt damit nachdrucklich, dass es einen literaturwissenschaftlichen Begriff des 'Mythos' jenseits der Einzeltexte nicht geben kann.
Der Artushof ist fraglos, strukturell wie thematisch, das Zentrum der arthurischen Romane. Immer wieder hat er aus sozial-, macht- und institutionengeschichtlicher sowie poetologischer Perspektive interessiert. Heute, nach dem Durchschreiten verschiedener kulturwissenschaftlicher turns (wie dem performative oder dem spatial turn), lohnt es sich, einen neuen, explizit interdisziplinaren und aus dem Dialog verschiedener nationaler Forschungsdiskurse profitierenden Blick auf diese Institution zu werfen. Die Beitrage dieses Bands fragen nach der raumlichen Inszenierung des Hofs durch die Literatur und nach deren performativer Einbindung am Hof, nach dem Status hoefischer OEffentlichkeit sowie nach der Rolle von Macht und Eros am Hof, die ihn als Institution oder als literarisches Experiment konstituieren und gefahrden. Sie hinterfragen kritisch die >Idealitat< des Artushofs und die Tragweite der Textsorte >Artusroman<. Schliesslich untersuchen sie die Funktion und Rezeption des Hofs auch in hoffernen oder hofkritischen Kontexten, von der Hanse bis zur modernen amerikanischen Kultur.
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