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Die Entwicklung der Psychiatrie ist von jeher durch die eigenartige Sonder- und Doppelstellung dieses Faches belastet gewesen. Mit dem Leib-Seele- Problem, also mit der Frage, wie Koerper und Geist zusammenhangen, braucht sich der Psychiater nicht unbedingt auseinanderzusetzen; dass sie zusammen- gehoeren und in jedem Menschen zu einer Einheit verschmelzen, darf er nicht ubersehen. Die Geschichte der letzten hundert Jahre - alter ist die Psychiatrie als Wissenschaft nicht - hat das eindringlich gezeigt. Noch KANT wollte fur die Beurteilung seelischer Stoerungen nicht den Arzt, sondern den Philosophen fur zustandig halten, und kurz nach ihm hatte ein deutscher Professor, HEINROTH in Leipzig, mit viel Gelehrsamkeit zu beweisen versucht, dass alle Geisteskrankheiten aus ungezugelten Leiden- schaften und die Wahnideen aus einem lasterhaften Leben entstunden. Dann schlug das Pendel zuruck; mit dem gewaltigen Aufschwung der Naturwissen- schaften in der Mitte des vorigen Jahrhunderts setzte sich auch in der Medizin eine rein materialistische Einstellung durch, die in ihren Folgerungen beinahe ebenso geradlinig war. Aus dieser Zeit stammt KARL VOGTS geschmackloser Satz: Das Gehirn sondert die Gedanken ab wie die Leber die Galle. Da sich die Seele aber weder auf dem Sektionstisch noch in mikroskopischen Bildern nachweisen liess, so tat man jetzt einfach, als ob es gar keine gabe: ihre gesunden wie ihre kranken AEusserungen wurden, um sie wissenschaftlich salonfahig zu machen, in eine hirnphysiologische Sprache ubersetzt; Assoziationen, Dissoziationen, Sejunk- tionen und psychische Reflexboegen wurden beschrieben, geistige Zusammen- hange aber, seelische Eigenschaften, menschliche Hoffnungen, Wunsche und Sorgen kaum noch erwahnt.
, Noch keiner >hat den Schleier vom Geheimnis der Welt geluftet. Unseres Geistes Augen sind eingehullt in Finsternis; wir dur- fen zwar traumen, was sehr suss ist; doch das Ratsel der "Welt bleibt uns verschlossen bis zum Tod. Omar Kfwyam. 1 Kann es eine--Psychologie als Wissenschaft geben? Lassen sich uber das Seelische Behauptungen aufstellen, die nicht nur fur ihren Ur- hebe. r gelten, oder anders ausgedruckt: lasst sich auch auf diesem Ge- biete etwas beweisen? "Die sogenannte Psychologie", meint Novalis, "gehoert auch zu den Larven, welche die Stelle im Heiligtum eillgl: l:: wmmen. haben, wo echte Goetterbildet stehen seilten", und schon ror ihm schreibt Lich- tenberg: "Ich bin uberzeugt, wenh Gott einmal einen solchen Men- schen schaffen wurde, wie ihn sich die Magistri und Professoren der Philosophi vorstellen, er musste den ersten Tag ins Tollhaus gebracht werden . . . Vielleicht haben sich die Psychologie und die Professoren und Magister inzwischen ein wenig, gebessert; sicher aber waren zu allen Zeiten weniger kuhne Behaupttingen uber das Seelische aufgestellt worden, wenn sich niemarrd hatte einbilden durfen, dass hier nichts, bewiesen, also auch nichts widerlegt werden koertnte. Nun halten aber. doch andere die Psychologie fur eine. Wissenschaft, deren FeststellQngen ebenso zuverlassig und der Nachprufung zugallg- lich seien wie die i: r: gqndeines naturwissenschaftlichen Faches. In der Regel beruhen solche Mei: riungsverschiedl, lnheiten . darauf, dass man huben und druben mit den gleichen Worten etwas Verschiedenes meint.
Noch keiner hat den Schleier vom Geheimnis der Welt geliiftet. Unseres Geistes Augen sind eingehiillt in Finsternis; wir diirfen zwar trau men, was sehr siiB ist; doch das Ratsel der Welt bleibt uns verschlossen bis zum Tod. (Omar Khayam. Nachdichtungen von Hans Bethge. Propylaen-Verlag, Berlin. ) Kann es eine Psychologie als Wissenschaft geben? Lassen sich iiber das Seelische Behauptungen aufstellen, die nicht nul' fiir ihren Ur heber gelten, odeI' andel's ausgedriickt: laBt sich auch auf diesem Ge biete etwas beweisen? "Die sogenannte Psychologie," meint Nova 1 is, "gehDrt auch zu den Larven, welche die Stelle im Heiligtum eingenommen haben, wo echte G6tterbilder stehen sollten," und schon VOl' ihm schreibt L i c h ten bel' g: "Ich bin iiberzeugt, wenn Gott einmal einen solchen Men schen schaffen wiirde, wie ihn sich die Magistri und Professoren del' Philosophie vorstellen, er miiBte den ersten Tag ins Tollhaus gebracht werden. " Vielleicht hat sich die Psychologie und haben sich die Pro fessoren und Magister - sie miissen ja nicht immer del' Philosophie angehoren ." inzwischen ein wenig gebessert; sichel' abel' waren zu allen Zeiten weniger kiihne Behauptungen libel' das Seelische anfge stellt worden, wenn sich niemand hatte einbilden diirfen, daB hier nichts bewiesen, also auch nichts widerlegt werden konnte. Nun halten aber doch andere die Psychologie fiir eine Wissenschaft, deren Feststellungen ebenso zuverlassig und del' Nachpriifung ebenso zuganglich seien wie die irgendeines naturwissenschaftlichen Faches."
Seit dem Erscheinen des ersten Bandes des Handbuchs der Geisteskrank. heiten sind 11 Jahre, seit der Drucklegung des letzten 7 Jahre vergangen. DaB sich inzwischen in der Psychiatrie sehr viel geii.ndert hat, brauche ich nicht zu sagen. Immerhin glaube ich, daB das Handbuch als Ganzes noch nicht als so iiberholt und veraltet gelten kann, daB eine Neuauflage gerechtfertigt ware. Man wird wahrscheinlich fiir ziemlich lange Zeit mit einem Ergii.nzungs band auskommen konnen. Das Zustandebringen dieses Ergii.nzungsbandes hat beinahe mehr Schwierig keiten gemacht als die Herausgabe des ganzen Handbuches. Hervorragende Mitarbeiter wie insbesondere JOHANNES LANGE sind uns mitten wii.hrend ihrer Arbeit an ihrem Beitrag durch den Tod entrissen worden; andere haben neue groBe Aufgaben iibernommen und ihre literarischen Verpflichtungen deshalb zuriickstellen miissen; und eine dritte Gruppe ist jetzt durch den Krieg ver hindert worden, ihre lii.ngst angefangene Arbeit fertig zu stellen. So haben Herausgeber und Verleger sich entschlieBen miissen, zunachst einen Teilband erscheinen zu lassen. Dies ist schon deshalb notwendig, weil die ein gegangenen Beitrage natiirlich ohne Schadan fiir ihre Verfasser nicht unbegrenzt lagern konnen. Wir hoffen, daB der zweite abschlieBende Teil des Erganzungs bandes in nicht allzuferner Zeit folgen wird. Einem oft geii.uBerten Wunsch entsprechend wird dem 2. Teil des Er gii.nzungsbandes ein Generalregister fiir das gesamte Handbuch angeschlossen warden. Miinchen, September 1939. OSWALD BUMKE. lnhaltsverzeichnis."
Dieser Buchtitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfangen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen fur die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfugung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden mussen. Dieser Titel erschien in der Zeit vor 1945 und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Das vorliegende Werk ist das Erzeugnis enger Zusammenarbeit fruherer und gegenwartiger .Arzte der Heidelberger psychiatrisch-neurologischen Klinik. DaB trotzdem in den Beitragen hie und da widersprechende Ansichten geauBert werden, ist bei den vielen Fragen, die das Thema steHt, verstiindlich. In aHem Wesentlichen jedoch vertreten wir die gleiche Ansicht: Fur uns sind die als Schizophrenie geschilderten Symptomkomplexe nicht die .AuBerung einer Krankheitseinheit. Die Tatsache, daB wir nicht nur bei organischen Hirnerkran kungen, z. B. der Paralyse und der Encephalitis lethargic a, sondern auch bei Intoxikationen durch die verschiedensten Gifte, z. B. Meskalin und Haschisch, gelegentlich Zustandsbilder beobachten, die eine uberraschende .Ahnlichkeit mit schizophrenen Storungen zeigen, hat uns in unserer tJberzeugung bestarkt. Der Stand unseres Wissens urn die Schizophrenie laBt sich mit unserem Wissen urn die Paralyse in jener Zeit vergleichen, als uns die Kenntnis gewisser korper licher Zeichen noch abging. Wir haben damals wohl erkannt, daB wir unter dem Begriff der Paralyse verschiedenartige Erkrankungen zusammenfaBten, wir haben aber nicht daran gezweifelt, daB ihr Kern eine Krankheitseinheit sei."
Dieser Buchtitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfangen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen fur die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfugung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden mussen. Dieser Titel erschien in der Zeit vor 1945 und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Dieser Buchtitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfangen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen fur die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfugung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden mussen. Dieser Titel erschien in der Zeit vor 1945 und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Dieser Buchtitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfangen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen fur die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfugung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden mussen. Dieser Titel erschien in der Zeit vor 1945 und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
113 legentlich diskutiert werden. Ihre ausfuhrlichere Darstellung und Wurdigung ist verabredungsgemass dem folgenden Kapitel KA1ms uberlassen geblieben. Die Lehren FRJiluDS und seinor Schuler gingen zwar aus von den Einzelmanifestatio nen neurotischer oder psychogener Mechanismen, mehr und mehr sind sie aber - ganz ohne es selbst zu wollen - zur Darstellung einer Standardentwicklung bestimmter psychopathischer Personlichkeitstypen geworden, deren Wurzeln bis in die fruheste Kindheit hinab verfolgt werden muss. Die psychogene Reaktion selbst spielt dabei in vielen Fallen nur mehr die Rolle der {tuslosenden Episode, .. die die Entwicklung in Gang bringt und damit zugleich auf weit zuruckliegende psychopathologische Vorgange hinweist, die bisher latent geblieben waren. Das ist ein Vorgang, wie wir ihn ahnlich bei der Entwicklung des hysterischen Charakters kennen; nur dass wir dessen Wurzeln aus guten Grunden in der Kon stitution suchen, wahrend die Psychoanalyse auf Kindheitserlebnisse und ihre ganz besondere Verarbeitung zuruckgreifen zu mussen glaubt. Die Psychoanalyse vermeidet gern konstitutionelle Erwagungen. Das erklart sich ohne weiteres aus ihrem extremen psychotherapeutischen Aktivismus, dem naturgemass der Begriff der Konstitution, der immer ein Stuck Pradestination in sich schliesst, storend erscheint. Das kann uns aber nicht hindern, auch in den psychopathischen Verlaufen und Entwicklungen, um die sich die Psychoanalyse und die Individual psychologie ADLERS bemuhen, die konstitutionellen Elemente zu sehen, von denen unserer Auffassung nach das Dasein und vor allem auch das Bosein psycho pathologischer Vorgange mindestens in gleichem Masse abhangt als von Erleb nissen und Einflussen der Umgebung."
63 gische Symptome; in einer zweiten Gruppe von Fallen sind die mehr korperlich nervosen Syndrome das Primare und die psychischen Symptome treten erst spater hinzu, wenn der gleiche Krankheitsvorgang auch auf Gebiete des psychi schen Geschehens. ubergreift. In letzterem Falle gestattet die Natur des korperlich-nervosen Vorganges gewisse Riickschliisse auf die Ursachen der be treffenden GeistesstOrung. In beiden Fallen wird es auf die spezielle Lokali sation der Krankheitsvorgange im Zentralnervensystem ankommen. In einer dritten Gruppe von Fallen sind neurologische Symptome nur die Zeichen von EntwicklungsstOrungen und -Hemmungen, aus deren Vorhandensein Schliisse auf eine gewisse Tendenz zu degenerativen Abwegigkeiten gezogen werden konnen. Welche neurologischen Symptome miissen in diesem Zusammenharige be sprochen werden? Zunachst gewisse StOrungen der Sprache und der Schrift, soweit sie nicht zum Gebiet der Aphasie und der Apraxie gehoren, welche in besonderen Ab schnitten dieses Handbuches behandelt werden sollen; dann die Bewegungs stOrungen, die lahmungsartigen Zustande, die Krampfformen, die sensiblen und sensorischen Storungen innerhalb der verschiedenen Sinnesgebiete und die StO rungen der reflektorisch ablaufenden Vorgange. Es ergibt sich die Gliederung des Stoffes in folgende Abschnitte: 1. StOrungen der Sprache: a) Horstummheit. Erste Sprachentwicklung, b) Taubstummheit, c) Stottern, Stammeln, Lispeln, Poltern, Stimmstorungen, d) ArtikulationsstOrungen bei organischen Gehirnerkrankungen und Geistes stOrungen: bei. Tabes und akuter Ataxie, Pseudobulbarparalyse, multipler Sklerose, Paralyse, Epilepsie, Chorea, Hysterie und Neurasthenie, e) Sprachstorungen bei Erkrankungen der Stammganglien. 2. StOrungen der Schrift. 3. Rechts- und Linkshandigkeit. 4. Rechts- und Linksblindheit."
63 gische Symptome; in einer zweiten Gruppe von Fallen sind die mehr kOrperlich nervosen Syndrome das Prim are und die psychischen Symptome treten erst spater hinzu, wenn der gleiche Krankheitsvorgang auch auf Gebiete des psychi schen Geschehens ubergreift. In letzterem FaIle gestattet die Natur des korperlich-nervosen Vorganges gewisse RuckschlUsse auf die Ursachen der be treffenden Geistesstorung. In beiden Fallen wird es auf die spezielle Lokali sation der Krankheitsvorgange im Zentralnervensystem ankommen. In einer dritten Gruppe von Fallen sind neurologische Symptome nur die Zeichen von Entwicklungsstorungen und -Hemmungen, aus deren Vorhandensein Schlusse auf eine gewisse Tendenz zu degenerativen Abwegigkeiten gezogen werden konnen. Welche neurologischen Symptome miissen in diesem Zusammenhange be sprochen werden? Zunachst gewisse Storungen der Sprache und der Schrift, soweit sie nicht zum Gebiet der Aphasie und der Apraxie gehoren, welche in besonderen Ab schnitten dieses Handbuches behandelt werden sollen; dann die Bewegungs storungen, die lahmungsartigen Zustande, die Krampfformen, die sensiblen und sensorischen Storungen innerhalb der verschiedenen Sinnesgebiete und die Sto rungen der reflektorisch ablaufenden Vorgange. Es ergibt sich die Gliederung des Stoffes in folgende Abschnitte: 1. Storungen der Sprache: a) Horstummheit. Erste Sprachentwicklung, b) Taubstummheit, c) Stottern, Stammeln, Lispeln, Poltern, Stimmstorungen, d) Artikulationsstorungen bei organischen Gehirnerkrankungen und Geistes storungen: bei Tabes und akuter Ataxie, Pseudobulbarparalyse, multipler Sklerose, Paralyse, Epilepsie, Chorea, Hysterie und Neurasthenie, e) Sprachstorungen bei Erkrankungen der Stammganglien. 2. Storungen der Schrift. 3. Rechts- und Linkshandigkeit. 4. Rechts- und Linksblindheit."
Die naehstehenden Vortrage sind 1m Laufe der letzten drei Jahre so haufig von mir verlangt worden, daB ich langst keine Sonderabdrueke mehr besitze. reh lasse sie jetzt noeh einmal in einem Heft zusammenfassen, weil sie m. E. erst in ihrer Gesamtheit ein Eild von den gegenwartigen Stro mungen in der Psyehiatrie zu geben vermogen. Miinehen, Mai 1928. Oswald Bumke. 1* Inhaltsverzeichnis. Dber die gegenwartigen Stromungen in der klinischen Psychiatrie . . . . 5 Emil Kraepelin t. . . . 31 50 Jahre Psychiatrie . 40 Die Revision der N eurosenfrage 56 Dber die seelische Behandlung kranker Menschen 76 lJber die gegenwartigen Str6mungen in der klinischen Psychiatrie 1 Die Aufgabe, die zu einer gegebenen Zeit in einer Wissen schaft herrschenden Stromungen aufzuzeigen, zerHillt ihrer Natur nach in einen engeren und einen weiteren Teil. Diese Stromungen werden auf die geschichtlichen Quellen des eigenen Faches zuriickgefiihrt und als die organische Folge friiherer wissenschaftlicher Bewegungen dargestellt werden miissen; aber sie werden zugleich aus den allgemeinen Zufliissen abzuleiten sein, die zu jeder Zeit - wenn auch oft ohne Wissen der Spezialforscher - den Gang aller Einzel wissenschaften entscheidend bestimmen."
Dieser Buchtitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfangen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen fur die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfugung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden mussen. Dieser Titel erschien in der Zeit vor 1945 und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
nur unwesentlich gekiirzt und die ausfiihrliche Kritik der Lokalisierungsversuche in den beiden ersten Kapiteln ist beibehalten worden. Die Wiinsche der Kritik sind nach Moglichkeit erfiillt worden. Unmoglich war es mir jedoch - aus Griinden, die ich schon im Vorwort zur ersten Auflage angefiihrt habe -, heute noch ausfiihrliche Literaturangaben zu machen. rch begniige mich desh b, an dieser Stelle die Forscher zu nennen, denen ich nach meiner Erinnerung am meisten verdanke. Die etwas bunte Reihe der folgenden Namen wird dabei die Wandlungen meiner eigenen Anschauungen wiederspiegeln: Lotze, v. Kries, Taine, A. Roche, Wundt, Wernicke, Ziehen, B. Erd mann, Kiilpe, Biihler, Ach, Messer, Jaspers, R. Ronigswald. Lei pzig, Juli 1922. Oswald Dumke. Inhal t. Seite I. Vorlesung: Ziele und Grenzen; Aufgaben und Methoden - Korper und Geist - Gehirn und Seele - Lokalisationslehre - Seelenblindheit, Seelentaubheit, Aphasie, Apraxie - Kritik der "Zentrenlehre" 1-28 II. Vorlesung: "Physiologie" der BewuBtseinserscheinungen - Reflexlehre - Kritik der Assoziationslehre - Grenzen der physiologischen Erkenntnis - UnbewuBtes Seelenleben ........... 29-39 III. Vorlesung: Einheit des BewuBtseins - Seelische "Elemente" - Empfin. dungen - Wahrnehmung und Vorstellung - Spezifische Energie der Sinnesnerven - Verschmelzung von Empfindungsreizen .. 40-50 IV. Vorlesung: Beziehungen der Empfindungen zu den AuBenreizen - Gehors empfindungen - Helmholtzsche Theorie - Grundton und Ob- tone - Tastempfindungen . . . . . . . . . . . . .. . . 51-57 . V. Vorlesung: Tastempfindungen - Raumanschauung - Lokalzeichen - Zusammenarbeiten von Sensibilitat und Motilitat - Gesichts empfindungen - Physiologie des Sehens - Spezifische Energie - Farb-und Dammerungssehen - Raumanschauung - Sensibilitat und Motilitat - Akkommodation - Gleichgewichtssinn - Ze- schatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . 58-72 . ."
2 Dazu kommt noch anderes. Ob ein Volk oder ein Geschlecht sich auf der Hohe halt, steigt oder sinkt, das war von jeher schon eine politische oder eine soziale Frage. Ala sie aber in wenig anderer, nur etwas engerer Form auch von Arzten gestellt wurde, da stand die ganze Naturwissenschaft schon im Zeichen der Evolutionstheorie. So ist die Entartungslehre von ihren ersten Anfangen an mit dem Entwicklungsgedanken verkniipft, und nicht zufallig ist der Schwerpunkt bei ihrer Behandlung in den letzten Jahrzehnten ins anthropo logische Gebiet geglitten. Degenerations-und Rassenprobleme gehoren heute untrennbar zusammen. Daraus ergibt sich ohne weiteres eine nahe Beziehung auch zur Geschichte. Entartung laBt sich immer nur a18 Vorgang, als Entwicklung, wo sie den Men Bohen betrifft, also nur historisch begreifen. Wir wissen heute noch nicht einmal, ob die Geisteskrankheiten in unseren Tagen zunehmen oder nicht, und wir werden aus dieser einen Tatsache lernen miissen, daB die Entartungsfrage am gegenwartigen, lebenden Geschlecht allein nicht gelost werden kann. Nur aus der Beobachtung vieler Generationsfolgen, die dem einzelnen versagt bleibt, und nur durch den Vergleich dieser Geschlechter kann die Richtung deutlich werden, in der die Kurve ihres Schicksals verlauft."
Dieser Buchtitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfangen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen fur die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfugung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden mussen. Dieser Titel erschien in der Zeit vor 1945 und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Die vorliegende Arbeit ist die erweiterte Ausarbeitung eines auf der letzten Naturforscherversammlung in Karlsruhe (September 1911) uber das 1 gleiche Thema erstatteten Referates ). Die zu diesem Thema gehorigen, von mir jedoch nicht beruhrten Fragen der speziellen klinischen Psychiatrie sind von dem Korreferenten, Herrn Direktor A. Schott in Stetten, behandelt 2 worden ). Freiburg 1. B., November 1911. Oswald Bumke. 1 ) Bericht daruber siehe Zeitschrift fur die gesamte Neurologie und Psychiatrie. Referate und Ergebnisse IV. 2. p. 141 und Allg. Zeitschr. f. Psych. 68. 1911. 2 ) Allg. Zeitschrift fur Psychiatrie. 68. 1911. Inhaltsubersicht. Seite I. Einleitung . . . . . . . l II. Begriffsbestimmung . . . . 4 III. Normale Vererbung und Entartung 16 IV. Die Ubertragung von Geisteskrankheiten und die nervose Entartung 35 V. Auslese und Entartung . 56 VI. Kultur und Entartung . 74 I. Einleitung. Das Entartungsproblem ist sehr viel alter als die wissenschaftliche Psychiatrie. Die Tatsache, dass Volker und Geschlechter kommen und gehen, steigen und fallen, hat die Menschen zu allen Zeiten nach den Gesetzen dieses Schicksals fragen lassen, und wer den Verfall sah oder zu sehen glaubte, hat gewohnlich nicht bloss schlechte Gesetze und schadliche Einrichtungen dafur verantwortlich gemacht, sondern auch seine Zeitgenossen gescholten, weil sie den Vorfahren an Wert -wirklich oder vorgeblich- nicht gleichstanden. In manchen Epochen schwillt die Klage und der Ruf nach Hilfe, noch heute horbar, an, aber eine Zeit, in der die Schwarzseher gefehlt oder keinen Anlass zur Sorge gefunden hatten, hat es unter Kulturvolkern wohl niemals gegeben."
Dieser Buchtitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfangen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen fur die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfugung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden mussen. Dieser Titel erschien in der Zeit vor 1945 und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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