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Ernst Richert erschien es wenig aussichtsreich, in den Komplex "Regierung und Verwaltung" der DDR mit "westlicher staatsrechtlicher Akribie" Ordnung brin gen zu wollen. Doch Richert, der mit dieser Aussage in seinem beruhmten Werk "Macht ohne Mandat" (2. Aufl., 1963) vor allem auf Siegfried Mampel zielte, hat selbst den Beweis geliefert, dass der bundesdeutsche DDR-Forscher sehr wohl ein gewisses Mass an Ordnung in diesen Komplex bringen kann. Sicher nicht allein mit "westlicher staatsrechtlicher Akribie," aber doch mit Hilfe kuhler politolo gisch-soziologischer Analyse des Regierungssystems der DDR. Mit der Regierung der DDR speziell hat sich in der Vergangenheit weder in der DDR noch in der Bundesrepublik schon einmal ein Sozialwissenschaftler oder Staatsrechtler befasst, alle Angaben zur DDR-Regierung im Osten und Westen unseres Landes sind luckenhaft, oft sogar fehlerhaft. Bei der Darstellung der DDR Ministerien im "DDR-Handbuch" (2. Aufl., 1979) des Bundesministeriums fur innerdeutsche Beziehungen hat der Bearbeiter jede Art von "Akribie" vermissen lassen. Entweder wurden die Statuten einiger Ministerien uberhaupt nicht beruck sichtigt, oder aber es wurde von Statuten ausgegangen, die langst ausser Kraft gesetzt sind. Nur ein Beispiel: Beim Ministerium fur Gesundheitswesen der DDR geht der Bearbeiter von einem Statut des Jahres 1960 aus, die spateren Statuten aus den Jahren 1969 und 1975 werden nicht einbezogen. Offensichtlich sind sie dem Bearbeiter gar nicht aufgefallen. Bei einer Reihe von Ministerien wird so getan, als existiere uberhaupt kein Statut."
In den "Materialien zum Bericht zur Lage der Nation" konnten die institutionel len Aspekte der DDR, wie etwa die Verfassungsorgane, nur in sehr knappen Um rissen gezeichnet werden. Die ZurUckhaltung der westdeutschen DDR-Forscher auf diesem Gebiet ist sicherlich einer der gravierendsten Mangel dieses innerdeut schen Rechtsvergleichs, der vielfach - auch nach Meinung der beteiligten Wissen schaftler - besser "Gegeniiberstellung" zu nennen ware. Auch die Volkskammer der DDR, nach der Verfassung das wichtigste Staats organ, ist bislang in beiden Staaten in Deutschland von der Detailanalyse weitge hend ausgeklammert worden. In der DDR selbst hat nur der Mitherausgeber des offiziosen Verfassungskom mentars, Hans-Joachim Semler, im Frtihjahr 1971 eine Dissertationsschrift zum Thema Volkskammer (und Staatsrat) vorgelegt, die aber, obwohl angektindigt, bis her nicht publiziert wurde. Auch eine Einsichtnahme in diese Schrift ist nach Aus kunft der Akademie flir Staats-und Rechtswissenschaft der DDR "nicht moglich ..., da die Arbeit vertrauliches Material enthiilt." In der Bundesrepublik Deutschland sind vor allem zwei Autoren zu nennen, die sich speziell mit der Volkskammer der DDR befa ten: Dieter Feddersen veroffent lichte 1965 eine Arbeit tiber die VoJksvertretungen in der DDR, Franz-Josef Schulte legte 1970 eine juristische Dissertationsschrift tiber die Volkskammer unter dem Einflu der SED vor. Beiden Arbeiten verdankt der Verfasser wichtige Hinweise. Andere Veroffent lichungen in beiden deutschen Staaten widmen der Volkskammer nur mehr oder weniger breiten Raum innerhalb der Gesamtdarstellung."
Es ist sicherlich kein Zufall, daB die neue Verfassung der DDR yom 6. April 1968 den Artikel 48 zum symboltrachtig postierten Zentralar- tikel des staatlichen Organisationsgefliges wahlte. Ratte die Weimarer Verfassung mit den gesetzgeberischen Notstandsbefugnissen ihres be- ruchtigten Artikel 48 jenen Sprengsatz in das parlamentarische System eingebaut, mit dessen Rilfe die Prasidialkabinette ermoglicht und die Parlamente aus dem politis chen EntscheidungsprozeB katapultiert wur- den, so solI offenkundig Artikel 48 der DDR-Verfassung demgegenuber unverbruchliche Geltungskraft des Gegenprinzips postulieren: "Die Volks- kammer ist das einzige verfassungs- und gesetzgebende Organ in der Deutschen Demokratischen Republik. Niemand kann ihre Rechte einschran- ken. " Und in Lenins Gefolgschaft - der in seiner beruhmten, 1917 erst- mals publizierten Schrift "Staat und Revolution" die burgerlichen Parla- mente verachtlich als "Schwatzbuden" abqualifizierte, denen das Prole- tariat seine neuen arbeitenden, d. h. zugleich gesetzgebenden und voll- ziehenden Vertretungskorperschaften entgegenstellen sollte - heiBt es weiter in Artikel 48 der neuen Sozialistischen Verfassung: "Die Volks- kammer verwirklicht in ihrer Tatigkeit den Grundsatz der Einheit von BeschluBfassung und Durchflihrung. " Die Botschaft kontrastiert allerdings mit der Realitat. Bereits 1954 hatte Bertold Brecht als systemkonformer Beobachter in vorsichtiger Doppeldeutigkeitgeseufzt: "Vielleicht machen wir zu wenig aus unserer Volkskammer. " Tatsachlich scheint die Volks- kammer jenes deutsche Parlament zu sein, das bei seinen seltenen offent-- lichen Auftritten Lenins Epitheton den hochsten Tribut zollt: es prasentiert sich als eine "Schwatzbude" ohne echte Entscheidungsmacht. Die Entwicklung hierzu war bereits mit der alten Verfassung ermoglicht.
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