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Lange Zeit galt Schrift als aufgeschriebene mundliche Sprache. Doch was geschieht, wenn eine mathematische Gleichung gelost und Musik mit Noten komponiert wird, wenn ein Autor an seinem Text feilt, die Konkrete Poesie ein Schriftspiel entfaltet, der genetische Code als Buchstabenfolge sequenziert wird, der Kabbalist Buchstaben permutiert oder der Informatiker ein Computerprogramm schreibt? Schriften sind mehr als Aufschreibsysteme fur Gesprochenes; stets bergen sie lautsprachenneutrale Aspekte. Der Begriff "Schriftbildlichkeit" zielt auf einen Perspektivenwechsel: die Uberwindung eines phonographisch reduzierten und eurozentrisch verengten Schriftkonzeptes. Jenseits der Dichotomie von Sprache und Bild vereinigen sich in Schriften diskursive und ikonische Merkmale und das gilt fur alphabetische wie nichtalphabetische Schriften. Schriften eroffnen Experimentierraume der kognitiven wie der asthetischen Erfahrung. In den Beitragen dieses programmatischen Eroffnungsbandes der neuen Buchreihe "Schriftbildlichkeit" werden explorative und kreative Leistungen von Schriften im Wechselverhaltnis ihrer Sichtbarkeit und Handhabbarkeit in wissenschaftlichen und kunstlerischen, in alltaglichen, spielerischen und religiosen Schriftpraktiken zutage gefordert"
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