Künstliche Intelligenz (KI) beherrscht längst unser Leben, ohne
dass es vielen bewusst ist. Smartphones, die mit uns sprechen,
Armbanduhren, die unsere Gesundheitsdaten aufzeichnen,
Arbeitsabläufe, die sich automatisch organisieren, Autos,
Flugzeuge und Drohnen, die sich selbst steuern, Verkehrs- und
Energiesysteme mit autonomer Logistik oder Roboter, die ferne
Planeten erkunden, sind technische Beispiele einer vernetzten Welt
intelligenter Systeme. Sie zeigen uns, wie unser Alltag bereits von
KI-Funktionen bestimmt wird. Seit der Antike bauen Menschen
Kraftmaschinen, die mittlerweile ihre körperlichen Kräfte weit
übertreffen. Früh erlebten sie die Mühsal, die nicht nur mit
körperlicher Arbeit, sondern auch mit komplizierten Rechen-,
Planungs- und Entscheidungsaufgaben verbunden ist. Nicht nur unsere
körperlichen Kräfte sind beschränkt, sondern auch die
Denkgeschwindigkeit und Speicherkapazität unseres Gehirns. Warum
sollten nicht auch Maschinen möglich sein, die uns diese
intellektuelle Mühsal abnehmen? Das waren jedenfalls die Visionen,
die große Philosophen und Mathematiker wie Leibniz und Pascal zu
Beginn der Neuzeit hatten.Im 20. Jahrhundert definierte der
britische Logiker und Mathematiker Alan M.Turing (1912-1954) in dem
nach ihm benannten Turing-Test ein System dann als intelligent,
wenn es in seinen Antworten und Reaktionen nicht von einem Menschen
zu unterscheiden ist. Der Nachteil dieser Definition ist, dass der
Mensch zum Maßstab von Intelligenz gemacht wird. Auch biologische
Organismen sind nämlich Beispiele von „intelligenten“
Systemen, die wie der Mensch in der Evolution entstanden sind und
mehr oder weniger selbstständig Probleme effizient lösen können.
Gelegentlich ist die Natur Vorbild für technische Entwicklungen.
Häufig finden Informatik und Ingenieurwissenschaften jedoch
Lösungen, die anders und sogar besser und effizienter sind als in
der Natur. So war der Flugzeugbau erst dann erfolgreich, als man
aufhörte, Flugapparate nach dem Vorbild von Vögeln zu bauen. Erst
die Ausnutzung der Gesetze der Aerodynamik und der Materialkunde
führte zu technischen Lösungen, die bekannte Entwicklungen der
Evolution weit überholten. Es gibt also nicht „die“
Intelligenz, sondern Grade effizienter und automatisierter
Problemlösungen, die von technischen oder natürlichen Systemen
realisiert werden können. Wie keine Technologie vorher zielt die
Künstlichen Intelligenz (KI) in das Zentrum des menschlichen
Selbstverständnisses. Zudem sind die Grundlagen der KI tief in der
Philosophie der Logik, des Denkens und Wissens verwurzelt. Daher
nennen wir dieses Buchprojekt auch ein „Philosophisches Handbuch
der Künstlichen Intelligenz“. Es geht also nicht bloß um ein
Add-on zur KI-Forschung, das neben vielen Einzelwissenschaften auch
die Folgen der KI für die Philosophie betrachtet. Vielmehr sollen
zunächst die Grundlagen der KI-Forschung methodisch und
begrifflich geklärt werden. Philosophie wird als
Grundlagenforschung verstanden, die logisch und methodisch die
Prinzipien von Wissenschaft und Technik untersucht. Daher handelt
es sich um ein „Philosophisches Handbuch“ (in diesem Fall der
KI) und nicht um eine Bindestrich-Philosophie, also ein Handbuch
der Philosophie einer Einzelwissenschaft. Denken und Wissen selber
und das Selbstverständnis der Menschen verändern sich durch KI
grundlegend. Darum geht es in diesem Handbuch und macht sein
Alleinstellungsmerkmal aus. Philosophie gilt seit der Antike als
Ursprung der Wissenschaften. Sie fragt auch heute noch nach den
Prinzipien (lateinisch principium = Ursprung, Anfang) unseres
Wissens, seinen logischen Grundlagen, seinen transdisziplinären
Zusammenhängen, seinen sozio-kulturellen Bedingungen und ethischen
Konsequenzen. In der Fokussierung auf Wissenschaft und Technik
vermag die Philosophie heute Kompetenzen für interdisziplinäre
Aufgaben zu fördern, z.B. die Vermittlung komplexer Zusammenhänge
oder die argumentative Begründung kritischer Standpunkte. Neben
der methodischen und kritischen Klärung der Grundlagen fällt
Philosophie damit auch die Rolle des Orientierungswissens für die
Einzelwissenschaften zu. Hochentwickelte Zivilisationen hängen wie
nie zuvor in der Geschichte von technisch-wissenschaftlichem Wissen
und Können ab. Das wird in Zukunft zentral für die Künstliche
Intelligenz zutreffen. Daher wird es zunehmend auch auf
Orientierungswissen für die Gesellschaft ankommen. Das
„Philosophische Handbuch der Künstlichen Intelligenz“ schlägt
daher die Brücke von der Grundlagenforschung zum
Orientierungswissen. Es greift damit die Bildungs- und
Ausbildungsziele der bundesweiten MINT-Initiative auf (unterstützt
durch die wissenschaftlichen Akademien, Ausbildungs- und
Forschungseinrichtungen in Bund und Ländern), die Mathematik (M),
Informatik (I), Naturwissenschaft (N) und Technik (T) als
fachübergreifendes Schlüsselwissen für
technisch-wissenschaftlich gestützte Gesellschaften versteht.
Additives Wissen und Ausbildung in getrennten Disziplinen der
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik reichen aber
nicht aus. In der Künstlichen Intelligenz wachsen diese
Disziplinen mit den Human- und Sozialwissenschaften zusammen. MINT
muss daher als fachübergreifendes Bildungs- und
Orientierungswissen für Schülerinnen und Schüler, Studierende,
Lehrende und Forschende, schließlich alle philosophisch
Interessierten verstanden werden. Damit sind auch bereits
wesentliche Adressaten dieser Publikation genannt.
General
| Imprint: |
Springer vs
|
| Country of origin: |
Germany |
| Release date: |
March 2024 |
| First published: |
2024 |
| Editors: |
Klaus Mainzer
|
| Dimensions: |
235 x 155mm (L x W) |
| Format: |
Hardcover - Cloth over boards
|
| Edition: |
1. Aufl. 2024 |
| ISBN-13: |
978-3-658-19605-9 |
| Categories: |
Books
Promotions
|
| LSN: |
3-658-19605-X |
| Barcode: |
9783658196059 |
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