In wiederkehrenden Abständen geraten Epochen der
Architekturgeschichte in den Fokus des Denkmalschutzes, die zuvor
unbeachtet oder ungeliebt und bis anhin gänzlich
denkmalunverdächtig schienen. Diese Tradition der periodischen
Wiederentdeckung und Aneignung einer anscheinend immer kürzer
vergangenen Vergangenheit stellt die architekturhistorische
Forschung wie auch die denkmaltheoretische Auseinandersetzung immer
wieder vor Herausforderungen. Im besten Falle beginnt die
Historiographie der Zeitschicht vor der Inventarisierung in den
Denkmalämtern; oftmals müssen Entscheidungen über Abriss oder
Erhalt jedoch ohne architekturgeschichtliche Grundlage gefällt
werden. Das Tagungsthema konstatiert zunächst, dass wir uns erneut
an einem Punkt der Entdeckung einer Epoche für die
architekturhistorische und denkmalkundliche Forschung befinden: Nun
geht es um die Postmoderne. Als ironischer Kitsch betitelt, war sie
bereits während ihrer Entstehungszeit verpönt; an ihren
vorgeblendeten Säulen und geteilten Giebeln scheiden sich bis
heute die Geister. Im Vergleich mit den zahllosen Objekten der
vorangegangenen Jahrzehnte großer Bautätigkeit handelt es sich
bei den Bauten der Postmoderne um einen eher kleinen und daher
vielleicht weniger problematischen Bestand, doch werden im
Sanierungsfall oder bei Abrissgedanken die Denkmalpfleger*innen auf
sich allein gestellt sein, da die wissenschaftliche Aufarbeitung
der postmodernen Architektur im deutschsprachigen Raum noch in den
Anfängen steckt. Gewiss wurde über diese Epoche viel geschrieben
und gestritten – dennoch muss ein überwiegender Teil dieser
Literatur als Primärquelle gelten, die von den Protagonist*innen
der Zeit selbst verfasst ist und daher zur objektiven Einschätzung
kaum geeignet scheint. Bei der Beschäftigung mit dem baulichen
Erbe der Postmoderne geht es um die Zeugnisse einer Epoche, die
geprägt war von den Energie- und Ölkrisen der späten 1970er
Jahre, der Rückbesinnung auf Architektur als Kommunikationsmittel
und Bedeutungsträger, der Neoliberalisierung des Bausektors, dem
Ende der großen Erzählungen, das sich mitten in Europa mit dem
Fall der Berliner Mauer manifestierte, den damit verbundenen
Transformationserscheinungen und der Aufbruchsstimmung der frühen
1990er Jahre. In Europa ist die postmoderne Architektur untrennbar
mit der ersten Architekturbiennale von Venedig „La presenza del
passato“ im Jahre 1980 verbunden, auch wenn sie selbst in dieser
Hochphase bereits totgesagt wurde. Heute steht das Ãœberleben ihrer
gebauten Zeugnisse tatsächlich auf dem Spiel. Es geht auf der
Tagung somit um nicht weniger als um die Zukunft dieser
„Gegenwart der Vergangenheit“. Zielsetzung Die Tagung
beschäftigt sich mit dem Erbe der postmodernen Architektur und des
postmodernen Städtebaus der 1970er bis 1990er Jahre mit einem
Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum. Sie soll der
wissenschaftlichen Erschließung architekturhistorischer
Forschungen zu diesem Thema für die denkmalkundliche Erfassung
dienen, bereits erfolgte Denkmalausweisungen sowie den
denkmalpflegerischen Umgang mit den Zeugnissen der Postmoderne
sowie auch deren Weiterbau diskutieren. Im Zentrum steht die
Erhaltung einer wenig geschätzten, dem Namen nach aber «nicht
abgeschlossenen» bzw. «nicht-abzuschließenden» Epoche.
Gleichzeitig sind die Objekte in aller Regel in sich geschlossene
Kunstwerke deren Weiterbau die Architekt*innen vor eine
Herausforderung stellen dürfte: Materialwahl, Farbigkeit,
Konstruktionsweise, Muster, Dekorelemente werden Fragen nach
architektonischer Anpassung oder Abgrenzung unweigerlich nach sich
ziehen. Folgende Fragestellungen können zur Untersuchung der
Zielsetzung dienen: Welche Spezifika der Architektur der
Postmoderne lassen sich im deutschsprachigen Raum und auch
international herausarbeiten? Bilden sich regionale Schwerpunkte
oder Charakteristika? Welche spezifischen Herausforderungen stellen
sich bei der Erfassung und Bewertung postmoderner Architektur?
Übertragen sich die Schwierigkeiten, den Begriff «Postmoderne»
in seinen schillernden Definitionen zu fassen und als
Architekturepoche in Subkategorien wie Kontextualismus,
Regionalimsus, Historismus etc. zu beschreiben auch auf die Auswahl
des zu Erhaltenden? Wie können methodische Ansätze der
Postmoderne überhaupt geschützt und erhalten werden? Verhält es
sich in der Vermittlung des baulichen Erbes der Postmoderne in der
Tat so, dass eine höhere Akzeptanz in der Allgemeinheit bei
Zurückhaltung in der Fachöffentlichkeit (Kitsch, Eklektizismus,
nicht ernstzunehmender Stil) vorherrscht?
General
Imprint: |
Birkhauser
|
Country of origin: |
Switzerland |
Release date: |
June 2024 |
First published: |
2024 |
Editors: |
Silke Langenberg
|
Dimensions: |
240 x 170mm (L x W) |
Pages: |
352 |
ISBN-13: |
978-3-03-562783-1 |
Categories: |
Books
|
LSN: |
3-03-562783-5 |
Barcode: |
9783035627831 |
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