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Ob Tiere als Begleiter des Menschen oder als seine Gegenspieler die Literatur bevoelkern, ob sie als Exempel, Symbole oder Allegorien eingesetzt werden, ob sie sprachlos oder sprechend leiden und agieren, ob sie ganzlich unabhangig in eigenen Lebens- und Zeichenwelten situiert werden oder als monstroese und phantastische Kompositwesen selbst solche verkoerpern. In literarischen Texten sind Tiere stets mehr und anderes als nur stumme Elemente einer realen oder fiktiven Welt. Die Vielfalt der Funktionen des "Topos Tier" steht im Zentrum dieses Bandes, dessen Textcorpus von mittelalterlicher und fruhneuzeitlicher Literatur bis ins 21. Jahrhundert reicht und dessen Beitrage der Faszination literarischer Lebewesen aus verschiedenen Blickwinkeln - gattungs- und wissensgeschichtlich, psycho- und diskurshistorisch, gendertheoretisch und poetologisch - nachgehen.
Die Geschichte der Philologien kann nicht von der Geschichte der Literaturen getrennt werden: Dichtung bezieht sich immer auf Traditionen. Diese existieren aufgrund ihrer Konstitution, ihrer Bewahrung, ihrer Kritik, ihrer Interpretation - aufgrund der klassischen Tatigkeiten von Philologie bzw. Literaturwissenschaft. Der poeta philologus ist ein aufschlussreicher Sonderfall fur diesen Befund, der aber auch daruber hinaus Geltung beanspruchen kann. Der Band widmet sich der Lage des Dichterphilologen im 19. Jahrhundert. Seine Situation ist ambivalent. Innerhalb von Kulturen und Gesellschaften, die ihre asthetischen, didaktischen und politischen Ambitionen durch einen Ruckgang auf die Geschichte legitimieren, gewinnt der poeta philologus eine herausragende Bedeutung: Er verfugt als Philologe uber das Vergangene, um es als Dichter wirkungsmachtig in die OEffentlichkeit zu geben. Gleichzeitig aber ist seine Doppelrolle seit den asthetisch-poetischen Entwicklungen vom spaten 18. Jahrhundert an gefahrdet: Droht nicht die Gelehrsamkeit die Fahigkeit zur Dichtung abzutoeten? Der Dichterphilologe ist eine Schwellenfigur zur Moderne: Er versucht noch einmal, die Sehnsucht nach dem Vergangenen in gegenwartiges Leben umzuwandeln, das sich multiplizierende historische Wissen in die Prasenz gegenwartiger Dichtung zu bannen. Die Beitrage beschranken sich nicht auf eine Nationalphilologie. In exemplarischen Studien zu Dichterphilologen unterschiedlicher Lander und Literaturen wird deutlich, dass der poeta philologus ein europaisches Phanomen ist.
Kunst und Propaganda wurden unter der gleichen Perspektive gesehen: Menschen zu formen. Es blieb jedoch eine entscheidende Differenz: Das Politische nutzte die Propaganda als Funktion bzw. Mittel, die Kunst aber war u. a. ihr Ziel. Propaganda und Kunst gerieten in Wechselverhaltnisse: Kunst konnte Mittel der Propaganda werden, die selbst eine Kunst sein sollte. Die hohe Kunst blieb jedoch Leitbild, selbst wenn dadurch eine Modernisierung des Films nach internationalen Massstaben verhindert wurde. Was dabei jedoch entstand, war ein sehr eigener, eben als spezifisch kunsthaft deutsch verstandener Stil der Dramatisierung von Historie und Zeitgenoessischem. Die Kunst der Propaganda erschien so als modern und ruckwartsgewandt zugleich; sie entwickelte raffinierte Muster und verfiel plattester Rhetorik; sie kalkulierte Freiraume der Affekte ein, die sie doch zugleich kontrollieren wollte. Dieser Kunst der Propaganda, mit ihren Eindeutigkeiten, Widerspruchen und Ambivalenzen sind die Aufsatze dieses Bandes auf der Spur. Die Beitrage, die sich aus einem gemeinsamen Seminar zum "Film im Dritten Reich" an der Humboldt-Universitat entwickelt haben, zentrieren sich um Themen wie: Filmkunst als Gesetz, Inversion der Feindbilder, Kunstler als Genies, Flieger und Trummerlandschaften, Bilder der Grossstadt, das Melodram, den Jugendfilm oder die Imaginationen von Fremde und Heimat.
Erholungsangebote fur den harten Alltag im Nationalsozialismus? Fluchtfahrzeuge fur Eskapisten? Oder doch erfolgreiche Instrumente der Integration und Propaganda? Produkte einer modernen Popularkultur waren bis 1945 zentraler Bestandteil des Alltags im 'Dritten Reich'. Auch wenn die Nationalsozialisten diese Kultur zumindest in Teilen von ideologischer Warte aus scharf kritisierten, forcierten sie den Ausbau einer auf Massenkonsum orientierten Kulturindustrie; zugleich versuchten sie freilich, deren Produkte zu beeinflussen und zu bestimmen. Literatur- und Medienwissenschaftler sowie Historiker verorten in diesem Band u. a. Tierfilme, Science-Fiction, Arztromane und popularwissenschaftliche Zeitschriften im Kultur- und Propagandabetrieb des 'Dritten Reiches'. Sie analysieren die Versuche zur Formierung der Unterhaltungsliteratur, beleuchten Phanomene wie die Inszenierung von Volksgemeinschaft im Fussballfilm, Theatertourneen fur die Arbeiter der Reichsautobahn sowie die Prasenz von Blondinen und anderen Popularmythen in Propagandaflugblattern. Biographische Fallstudien beschaftigen sich mit der Stellung von Autoren wie Hans Dominik, Ernst Kreuder, Hans Fallada und Erich Kastner in der NS-Kulturindustrie. Die Beitrage zeigen, wie weit sich Nationalsozialismus und gute Unterhaltung miteinander kombinieren lassen. Sie zeigen aber auch, wo diese Verbindung an die Grenzen der Logik einer kapitalistisch organisierten Kulturproduktion stoesst bzw. mit den ideologischen Anspruchen einer Diktatur kollidiert.
Licht ist seit jeher ein prominenter Untersuchungsgegenstand der Wissenschaften gewesen. In seinen spezifischen Ausformungen, Strahlungen und Spiegelungen beschaftigt es Astrophysiker und Kosmologen, Philosophen und Religionswissenschaftler, Informatiker und Ingenieure, Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler - um nur einige Facher zu nennen. Und tatsachlich sind die moeglichen Perspektiven fur eine Erforschung des Leuchtenden nahezu unerschoepflich. Sie reichen von der absoluten Geschwindigkeit des Lichts uber die lichthafte Erscheinung des Goettlichen in den Religionen, das Licht als Metapher in der abendlandischen Philosophie, das Auge als lichtempfindliches Wahrnehmungsorgan, das innere Licht in Mystik und Erkenntnistheorie, die Prasentationen und Reflexionen des Lichts in der Kunst bis hin zu den Laserstrahlen der Compact Discs oder zukunftigen Licht-Computern. Dieser Band fragt aus kulturwissenschaftlicher Perspektive nach den Semantiken, Botschaften und Technologien des Lichts. Er bringt Kunst- und Literaturwissenschaftler, Historiker und MediLiteraturwissenschaftler, Historiker und Mediavisten, Informatiker und Medienwissenschaftler in ein anregendes Gesprach uber das Leuchtende, Glanzende und bisweilen auch Blendende.
Literaturtheoretische UEberlegungen sind immer wieder Ausloeser von polemisch ausgetragenen Kontroversen gewesen. Fragen nach der spezifischen Qualitat literarischer Texte, nach der Geltung von Bedeutungszuweisungen oder nach Kriterien fur uberzeugende Interpretationen fuhrten ebenso zu scharfen Auseinandersetzungen wie die Konzeptualisierung literaturgeschichtlicher Verlaufsformen und ihre Verknupfung mit inner- und ausserliterarischen Kontexten. Systematische UEberlegungen und historische Fallstudien verknupfend, werden im vorliegenden Band zentrale literaturtheoretische Debatten vorgestellt, Voraussetzungen wie Verlaufsformen von Dissensbildungen analysiert und so die Potentiale einer konflikthistorisch ausgerichteten Wissenschaftsforschung erprobt. Ausgangspunkt der rekonstruktiven Einsatze sind Fragen nach den kognitiven Leistungen und sozialen Funktionen von konfrontativ ausgetragenen Auseinandersetzungen bei der Erzeugung und Verbreitung von Wissensanspruchen. Um uber diese Sachverhalte Aufschluss zu erlangen, rekonstruieren die Beitrage die epistemischen und institutionellen Konstellationen exemplarischer Kontroversen. Sie beschreiben Verfahren der Artikulation von Konsens und Dissens und analysieren die argumentative Struktur polemischer Auseinandersetzungen. Schliesslich markieren sie den 'Ausgang' der Debatten und erlautern ihre Bedeutung fur die Entwicklung der relevanten literaturtheoretischen Forschungsfelder. Ergebnis sind detaillierte Einsichten in die Leistungen und Funktionen der Kontroverse als epistemisches Genre, das auch in der Literaturtheorie die Grundstrukturen adversativer Wissenskommunikation pragt.
Serlo, der Prinzipal im Wilhelm Meister, empfiehlt, den Hamlet durch mutige Streichungen buhnentauglich zu machen. Goethe entwirft diese Figur nach Friedrich Ludwig Schroeder (1744-1816), einem der erfolgreichsten Regisseure seiner Zeit. Er leitete fur mehr als zwanzig Jahre das Hamburger Theater und wirkte zwischendurch auch als Direktor am Burgtheater in Wien. Schroeders Erfolgsrezept fur den damals fur unspielbar gehaltenen Shakespeare, den er seit dem Hamlet (1776) fast vollstandig auf die Buhne brachte, fasst Goethe pragnant zusammen: Er "hielt sich ganz allein ans Wirksame, alles andere warf er weg". Der vorliegende Band stellt Schroeder nicht nur als Hamburger Theaterleiter und Shakespeare-Regisseur vor, sondern auch als Schauspieler, produktiven Dramatiker und UEbersetzer. Die von Ludwig Tieck eingeleitete vierbandige Auswahl seiner Dramen verdient ebenso neue Aufmerksamkeit wie Schroeders Rolle, Lessings naturwahre Schauspielkunst fortgefuhrt zu haben.
"Die Antike" als eine der zentralen Referenzen der deutschen Aufklarung ist keineswegs homogen, sondern zeichnet sich durch ihre Pluralitat aus. Namen und eben auch Lokalitaten implizieren auf kompakte Weise asthetische Konzepte, anthropologische Programme, ethisch-moralische Normen, Gesellschaftsmodelle, politische Orientierungen oder Ideale literarischer Kommunikation. Die antike Tradition verfugt uber eine interne Topographie mit verschiedenen anspielungsreichen Orten; und sie wird von bestimmten Orten aus adressiert und vereinnahmt. In Poetiken und Vorreden, in Bildprogrammen von Titelkupfern und Vignetten oder in Entscheidungen fur Gattungen, Sujets und Motive tragt der Rekurs auf die Antike dazu bei, wiedererkennbare Profile zu etablieren. Dabei interagieren literarische Projekte mit einer Vielzahl von Faktoren, die sich aus den regionalen Bedingungen herleiten. Die Beitrage dieses Bandes analysieren die Ordnungen, die dieser Pluralitat der Antike im 18. Jahrhundert zugrunde liegen. Sie fragen danach, wie die literarische Aufklarung auf das vielfaltige Angebot der UEberlieferung zugreift, um Positionen in den Konkurrenzen und Allianzen des literarischen Feldes zu kennzeichnen.
Das Werk des Hamburger Ratsherrn Barthold Heinrich Brockes hat in der Forschung einige wirkungsmachtige Deutungen erfahren. Sie betonen seinen Stellenwert als wichtigen Dichter der Fruhaufklarung. Gleichzeitig neigen sie dazu, sein umfangreiches Werk jeweils im Licht bestimmter Traditionslinien zu erschliessen, dabei aber andere, ebenso zentrale Traditionslinien und Fragen auszublenden. Der Band moechte gegenuber solchen ubergreifenden Einordnungen einen Schritt zurucktreten. Die Beitrage versuchen, sich starker in die ausserordentliche Komplexitat der Texte und auch der Paratexte der Originaldrucke einzulassen. Sie rekonstruieren deren politische und kulturelle Kontexte, zeichnen detailliert poetische und rhetorische Verfahren einzelner Gedichte nach, folgen ihren Gattungsreferenzen und den Lekturemodi, die sie vorfuhren und einuben wollen. Das Themenspektrum umfasst u. a. Poetik, Musik, Bildende Kunst, Politik, Diplomatie, Naturgeschichte, Medizin und Theologie.
In der Aufklarung wird umfassende Bildung uber den Menschen, die Welt und die Kultur gefordert. Wissen uber Astronomie, Physik, Chemie, Biologie, Medizin, Geologie oder Meteorologie vermitteln - vor der rasanten fachlichen Spezialisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts - insbesondere Zeitschriften. Seit etwa 1750 konkurrieren auf dem Buchmarkt unterschiedlichste Periodika - vermischte Magazine, Rezensionsjournale, Moralische Wochenschriften -, die in Fachstudien, popularen Essays, Lehrgedichten oder fiktionalen Erzahlungen naturkundliche Inhalte an eine nicht minder vielfaltige Leserschaft vermitteln. So entsteht eine populare, oeffentliche Akademie der Natur fur das interessierte Burgertum. Der vorliegende Band sondiert dieses noch weitgehend unerschlossene Feld naturkundlichen Zeitschriftenwissens des 18. Jahrhunderts.
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