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Die praxissoziologische Theorieanlage, die in diesem Buch aus dem Ereignisbegriff entwickelt wird, zwingt zu der Frage, wie sich die Praktiken nicht nur zu Praxisformen verketten, sondern wie diese Praktiken auch Praxisformationen entstehen lassen, die sich dauerhaft als Intensitätszonen der Gesellschaft ereignen. Genau dieses Problem steht im Mittelpunkt der hier verfolgten Überlegungen und wird über eine Analyse der Pop-Musik als Formation der Praxis entfaltet. Als beispielhafte Fallstudie wählt der Autor das Love and Peace Festival auf Fehmarn aus dem Jahr 1970. Dadurch lässt das Buch eine Zeit der Pop-Musik wieder lebendig werden, die sehr viel mehr mit unserer Gegenwart zu tun hat, als es auf dem ersten Blick scheint.
1 Einleitung 1 Soziologische Beschaftigungen mit dem Thema Tausch sind in der gegenwartigen Theor- diskussion des Fachs selten geworden. So gehort etwa die breit angelegte Tauschtheorie von Peter M. Blau (vgl. 1992 1964]) aus den 1960er Jahren inzwischen zur weniger bekannten 1 Geschichte der Soziologie. Dabei ist der Tausch in der Gegenwartsgesellschaft allgegenw- tig. Nicht nur, dass wir alle fast taglich Geld gegen Gebrauchsgegenstande und Lebensm- tel tauschen und unsere Arbeitskraft auf dem Arbeitmarkt anbieten und verkaufen, belegt diese Feststellung. Wir sind alle auch regelmassig an geldlosen Tauschprozessen beteiligt, wenn wir etwa mit Kollegen am Arbeitsplatz Informationen austauschen oder sehr genau darauf achten, demjenigen oder derjenigen, der oder die uns ein Geburtstagsgeschenk - macht hat, selbst zu seinem oder ihrem Geburtstag ein Geschenk zu machen. Der Tausch ist dabei nicht nur in seinem praktischen Vollzug, der sich nicht selten in hochst komplexer Form ereignet, fur die soziologische Theoriebildung und Forschung interessant, denn er bleibt haufig nicht folgenlos fur die Form der Reproduktion von Sozialitat, weil durch Tauschprozesse soziale Beziehungen zwischen sozialen Akteuren entstehen und auf Dauer gestellt werden konnen, die neue Formen der Sozialitat hervorbringen. Dies veranschaulicht eine Beobachtung, die Claude Levi-Strauss (vgl. 1981: 115f. ) um das Jahr 1950 herum in einem sudfranzosischen Restaurant gemacht hat. Demnach sitzen sich hier regelmassig einander fremde Gaste gegenuber und nehmen ihre Mahlzeiten ein, die sie vorher bei der Bedienung des Lokals bestellt haben und gewillt sind zu bezahlen, also durch Kauf zu erwerben."
Der Begriff Praxis avanciert gegenwartig zu einem paradigmatischen Schlusselbegriff, um den Gegenstand der Soziologie als Wissenschaft neu zu bestimmen. Der praxistheoretische Zugang zur Sozialitat, mit dem unter anderem ein modifiziertes Verstandnis der Korper und der Dinge der Praxis vorgeschlagen wird, will dem Anspruch nach der Dynamik und den Regelmassigkeiten der sozialen Welt gleichzeitig gerecht werden. Die Einfuhrung in diese soziologische Forschungs- und Denkweise konturiert zunachst die Eigenarten praxistheoretischen Denkens und Forschens, um im zweiten Schritt den Nutzen dieses Ansatzes fur die Erforschung ausgewahlter Problemstellungen der Soziologie aufzuzeigen."
Eine interdisziplinare Verstandigung uber Kultur ist fallig und notwendig, um dem gegenwartig weit verbreiteten Eindruck entgegenzuwirken, "Kultur" habe sich als semantisches Irrlicht und als obsolet gewordener Gegenstand von Forschung erwiesen, weil der Begriff unuberschaubare wie unvereinbare Bedeutungsmomente bundele und aus einem blossen Gespinst von Mehrdeutigkeiten bestehe. Demgegenuber wird in diesem Buch die UEberzeugung vertreten, dass es gewinnbringend ist, die spezifischen Kompetenzen aus der Kultursoziologie und Popularkulturforschung, aus der Theorie des Kulturmanagements und der Medienkultur sowie aus der Kulturphilosophie zusammenzubringen, um zu zeigen, dass es trotz und gleichsam unterhalb der notorischen Vieldeutigkeit des Wortes "Kultur" einen gemeinsamen Sachzusammenhang namens Kultur gibt, von dem die einzelnen Fachdisziplinen jeweils bestimmte Faktoren in den Blick nehmen und kraft ihrer eigenen Methoden erhellen. Damit leistet der Band einen wichtigen Beitrag, um den vielschichtigen und komplexen Terminus "Kultur" als sozial- und kulturwissenschaftlichen Schlusselbegriff wiederzugewinnen.
Gegenwartige Zeitdiagnosen sehen sich haufig durch das Religioese herausgefordert und stellen es in den Mittelpunkt einer Analyse der modernen Gesellschaft. Daneben entwickelt sich in den letzten Jahren eine soziologische Theorierichtung, die eng am Begriff der Praxis ausgerichtet ist und vor allem in ihrer postkolonialen Ausformung universellen Gesellschaftsdiagnosen hoechst skeptisch gegenubersteht. Diese Ansatze kommen zu Neudefinitionen soziologischer Grundbegriffe, indem sie etwa die Rolle der menschlichen Koerper und der materialen Dinge bei der Entstehung und Reproduktion von Praktiken und Praxisformen zentral thematisieren. Die praxistheoretische Perspektive verspricht, so die Ausgangshypothese des Bandes, nicht nur hinsichtlich der Thematisierung des Religioesen fruchtbare Anknupfungspunkte fur die Religionssoziologie zu liefern, sondern zeigt ausserdem, wie sich die Axiome des klassischen Modernitatsdiskurses praxistheoretisch revidieren oder moeglicherweise neu fassen lassen.
Kaum ein soziologischer Diskurs hat sich in den letzten Jahren so sehr um begriffliche Stringenz und kausale Erklarungsfahigkeit bemuht wie der "mechanism-based approach to social theory" . In diesen Diskurs wollen sich die Autoren mit der Frage einmischen, ob und wie sich das Konzept der sozialen Mechanismen angesichts der inharenten "Reflexivitat" von sozialen Zusammenhangen bewahren kann. Angestrebt wird eine Theoriediskussion, die sich an den Stichworten "Erklarung", "Erzeugung", "Reflexivitat" festmachen und unterschiedliche Ansatze zu Wort kommen lassen will.
Der Band diskutiert die Moglichkeiten und Weiterentwicklungen der
Theorie Pierre Bourdieus hinsichtlich einer Soziologie der
Wirtschaft.
Bourdieus Theorie gehort zu den interessantesten und am weitesten ausgearbeiteten soziologischen Theorieangeboten der Gegenwart. Das Buch zeigt die Relevanz und Aktualitat und diskutiert die Theorie an wichtigen Praxisfeldern.
Der Band vertieft die Zusammenhange zwischen soziologischen Konzepten des organisationalen und kollektiven Lernens, Ansatzen zur agentenbasierten Sozialsimulation in der Organisationsforschung und informatorischen Konzepten zu Adapitibilitat und maschinellem Lernen von Multiagentensystemen.
Laut einem Aphorismus von Gabriel Laub ist Bucherschreiben . . . das einzige Ver- brechen, bei dem der Tater sich bemuht, Spuren zu hinterlassen. Dies gilt zumin- dest flir den alteren unter den beiden Autoren nicht, er hat genugend Fahrten gelegt. In den letzten funfundzwanzig Jahren hat er versucht, die Publikationen zur Sozi- alarbeit/Sozialpadagogik kritisch mitzulesen. In drei Semestern der neunziger Jahre haben beide Autoren in gemeinsamen Seminaren an der Westfalischen Wilhelms- Universitat Munster einschlagige Themen dazu mit Studenten bearbeitet. Nicht nur zu beobachten, wie andere vor uns den anstehenden Topos beobachtet haben, son- dern auch, wie selektiv er fokussiert wird, war flir uns aufschlussreich. Als eines un- serer Ergebnisse stellten wir in allen behandelten Publikationen das Fehlen eines stringenten gesellschaftstheoretischen Bezuges fest, der selbstverstandlich nicht als Evangelium verstanden werden sollte. In unserem Versuch greifen wir auf das Instrumentarium der funktional-strukturellen Systemtheorie Niklas Luhmanns zu- ruck. Wie in allen wissenschaftlichen Diskursen so bleibt auch hier alles im Vor- vorletzten. Wie koennte man auch das, was sich als ein moeglicher Diskussionsbeitrag versteht, anders einordnen? Kennern der Materie wird bald auffallen, dass einige gute Veroeffentlichungen zum behandelten Problem in unserem Literaturverzeichnis fehlen. Der Grund ist einfach: Wir wollten etwas uberblicken und mussten deshalb manches ubersehen. Kundige Leser bitten wir an diesem Punkt um Nachsicht. Soll der Duktus nicht verloren gehen, darf man in einem ersten Zugriff auf die Problematik keine Fussno- tenorgien zelebrieren. Deshalb haben wir uns auf das Noetigste beschrankt.
Was der Mensch ist, lasst sich theoretisch nicht bestimmen, wie er
sozial konstruiert wird, hingegen sehr wohl: Der Begriff Mensch,
das zeigen die wissenssoziologischen Studien der ersten beiden
Kapitel des Buches, wird in der modernen Gesellschaft in
theoretisch sehr unterschiedlichen Kontexten mit diversen
Sinngehalten ausgestattet und erscheint daher der Gesellschaft als
Problem.
Verweisen multiple Lebensstile auf die Auflosung traditioneller Sozialstrukturen? Oder sind sie blosse Folgeerscheinungen sozialer Ungleichheiten? Sind Lebensstile unabhangig von den soziookonomischen Verteilungsstrukturen zu beschreiben? Oder stehen sie in einer engen Beziehung zu "harten" sozialstrukturellen Merkmalen? Diese und andere in der soziologischen Lebensstilforschung kontrovers diskutierten Problemfelder werden in den Beitragen dieses Bandes aufgegriffen und fortgefuhrt. Dabei dokumentieren sie das breite Spektrum der Lebensstildebatte und tragen zugleich dazu bei, den Lebensstilbegriff als soziologischen und gesellschaftstheoretischen Grundbegriff zu profilieren.
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