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Dieser Band enthalt Tabellen und Methodendarlegungen zur
Untersuchung uber Ethik und Protest, Moralbilder und Wertkonflikte
junger Menschen. Die hier aufgefuhrten Ta bellen sind in dem Buch
gleichen Titels zitiert. Dieser Erganzungsband ladt eigentlich
nicht zu einer selbstandigen Lekture ein. Gleichwohl kann man beim
Blattern auf Gedan ken kommen und zu Schlussfolgerungen gelangen,
die uber das hinausgehen, was im Buch selbst kommentiert wurde. Aus
diesem Grunde haben Autorengemeinschaft und Verlag es wichtig
gefunden, die zahlreichen Nachweise empirischer Befunde fur den in
teressierten Leser, fur die Forschung zuganglich zu machen. Auf den
folgenden Seiten finden sich 166 Tabellen, die im Text des
Hauptbandes als Quellen zitiert sind. Zudem sind im Methodenteil 56
weitere Tabellen wiedergegeben, auf deren Daten teilweise Bezug
genommen wurde. Ein kurzes Glossar zu Beginn des Methodenteils
klart uber statistische Verfahrensweisen und Begriffe auf. Die hier
vorgestellte Untersuchung beruht auf der formellen Befragung eines
reprasenta tiven Querschnitts junger Menschen im Gebiet der
Bundesrepublik vor 1990. Im Jahre 1986 wurden 2.229 Jugendliche
befragt. Die Auskunftspersonen zwischen 15 und 30 Jahren sind
reprasentativ fur die deutschen Staatsangehorigen. Die Untersuchung
wurde vom GETAS/GfM Institut in Hamburg durchgefuhrt. Die Arbeiten
am empirischen Gerust der Untersuchung haben Therese Walter und
Andree Helminger von der Abteilung Sozialpsychologie des
Psychologischen Instituts der Universitat Zurich mitgetragen. Ihre
Mitwirkung beschrankt sich indessen nicht auf diesen
Erganzungsband. Alle Nachweise im Hauptband sind ebenfalls das
Ergebnis gemeinsa men Erwagens und Arbeitens."
In einem Lande wie der Bundesrepublik Deutschland nehmen sich im
Laufe eines Jahres mehr als 12'000 Menschen das Leben. 1m Jahre
1985 waren es genau 12'615 durch die Statistik erfaBte Suizide.
Diese Zahl schwankt tiber die Jahre hinweg kaum, andert sich
hochstens mit der GroBe der Bev- kerung und ihrer Altersstruktur.
Die Selbstmordziffer, also die Zahl der Selbstmorde auf 100'000
Einwohner, gehort zu den statistischen Zahlen mit geheimnisvoller
Konstanz. Dartiber haben sich schon die Moralstatistiker gewundert,
die in der Selbsttotung so etwas wie eine freie Entscheidung sahen,
was durch die gesetzmaBige Wiederkehr immer der gleichen Zahlen
fraglich wurde. Die wirkliche Zahl der Selbstmorde ist tibri gens
groBer, sie verstecken sich in allen moglichen Todes ursachen,
nicht zuletzt in Verkehrsunfallen, was inzwischen durch
Untersuchungen der historischen Psychologie erhartet wurde. Die
Selbstmordziffer der Frauen ist niedriger als die der Man ner,
8'574 Manner tOteten sich im Jahre 1985 und 4'041 Frau en,
ausgedrtickt in Ziffern pro 100'000 sind das 29,4 Manner und 12,7
Frauen, die den Tod wahlten. Die Zahl der Selbst tOtungen steigt
mit dem Alter insbesondere bei Mannern drastisch an, die
Selbstmordrate pro 100'000 betragt bei Man nern zwischen dem 15.
und 25. Lebensjahr 19,6, ab dem 75. Lebensjahr fast 80, also
viermal soviel. Auch bei Frauen ist der relative Anstieg
betrachtlich, flacht dann aber nach dem 65. Lebensjahr abo Die
folgende Ubersicht macht die Verhalt nisse deutlich."
Die einfache Frage nach der Situation junger Menschen im Osten
Deutschlands kann sich zu einem Forschungsabenteuer entwik keIn.
Anlass fur empirische Untersuchungen sind meistens poli tisch
druckende Probleme. Die waren gegeben: Gewalttatige Ju gendliche im
Osten, die Aktivitat der Sekten in einer Region Deutschlands, von
der man vermutete, dass sie ihre sichere Orien tierung verloren
hatte. Um eine Informationsbasis fur die Jugend politik zu
gewinnen, wurde in Gesprachen mit Fachreferenten des
Bundesministers fur Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine
thematisch breit angelegte Untersuchung entwickelt. Ihr allge
meinstes Anliegen ist mit der Frage gegeben, wie sich junge Men
schen im Osten Deutschlands nach dem Zusammenbruch ihrer
politischen und sozialen Welt im Jahre 1990 in den neuen Ver
haltnissen der gemeinsamen Bundesrepublik zurechtfinden und welche
Probleme sie in ihrem Lebensalltag haben. Es gibt kaum eine
Institution von Rang, die zu solchen Fragen nicht schon ir gendeine
Untersuchung vorgelegt hatte. Die meisten Befragungen behandeln
ausgewahlte Problemfacetten und werfen in der Regel mehr Fragen auf
als sie beantworten konnen. Dies war der Anlass, den Versuch zu
unternehmen, einen um fassenden Uberblick uber die Probleme junger
Menschen im Osten zu gewinnen, aber nicht nur in einem deskriptiven
Sinne: die Hintergrunde, die Motive interessierten. Es gab viele
ungeloste Fragen, und es kursierten widerspruchliche Meinungen. So
hat die Frage, warum die Wertorientierung im Osten von der im
Westen nicht sehr verschieden ist, erstauntes Nachdenken
ausgelost."
nen Gesellschaft, nicht urn den Pluralismus verschiedener
Wertsysteme, die in der Gegenwart heterogene Traditionen
reprasentieren und zumindest noch sektorale oder
schichtenspezifische Geltung haben. Der Ansatzpunkt der Kritik
konnte hier vielmehr in einer aUe kulturellen Werte betreffenden
Geltungsschwache gegenfiber Dominanzanspriichen der Zivilisation
liegen. Die These, daB in den fortgeschritte- nen
Industriegesellschaften das (technische) "Reich der Mittel" und des
Machens im Zuge einer langfristigen Entwicklung den Primat fiber
das "Reich der Zwecke- des Handelns in Erfilliung von Kulturwerten
- gewonnen habe, kann als gut belegt gelten angesichts zahlreicher,
im Ergebnis konvergierender Analysen, die von durch- 213 aus
unterschiedlichen Standpunkten und theoretischen Ansatzen ausgehen
. Die allerorten erhobene Klage fiber das "Sinndefizit" der
Industriegesellschaf- ten, das auch verschiedentlich schon zur
Erklarung von Studentenbewegung und 214 Terrorismus herangezogen
worden ist, konnte danach ihre reale Grundlage darin finden, daB
sich Kultur i. e. S. fiberhaupt auf eine "Schwundstufe"
zUriickgezogen hat, auf der sie, sei es als sog. "hohere Kultur"
(Kunst, Religion, Geisteswissenschaf- ten), sei es als
Massenkonsumgut im Joumalismus und ahnlichen Institutionen in 5
jedem Fall nurmehr margin ale Funktionen im Freizeit- und
Hobbybereich erffillt21, wahrend die Zivilisation sich von ihrem
sinnvollen Status als Produzentin von Mit- teln ffir kulturell
definierte Zwecke emanzipiert hat zu einer Autonomie, in der die
Zweckfrage entweder materialistisch, also "unkultiviert"
entschieden oder ffir fiber- flfissig (Stichwort: Sachzwang)
erklart wird.
Terroristisches Verhalten ist statistisch gesehen
unwahrscheinliches Verhalten. Da- mit tritt es aber zugleich aus
dem Verstandnishorizont heraus, aus dem die meisten Beobachter ihr
eigenes Verhalten und das anderer Menschen interpretieren. So wir-
ken die terroristischen Aktionen als doppeltes AErgernis. Die
Effekte sind dramatisch, und die Motive bleiben unverstandlich. Ein
Verhalten jenseits unserer Interpreta- tionsmoeglichkeiten
bezeichnen wir gern als verruckt, als pathologisch, damit sind in-
dessen keine Diagnosen, sondern nur Verstandnisgrenzen
gekennzeichnet. Gerade extremes, unwahrscheinliches, einem breiten
Verstandniskonsens entrucktes Han- deln muss ausserordentlich
pragnanten Ordnungsprinzipien unterliegen, wenn es sich uberhaupt
ereignen soll. Das von aussen unverstandlich Wirkende ist im
Bewusstsein des Akteurs nicht nur uberzeugendes, sondern auch
folgerichtiges Handeln, zu dem es fur ihn keine sinnvolle
Alternative gibt. Terroristisches Handeln ist nur moeglich, wenn
wir in ihm alles vorfinden, was zu einer funktionierenden sozialen
Organisation gehoert: Ziele, ein geistiges Konzept, das sowohl die
Selbst- als auch die Umweltdefinition enthalt, Interaktionspartner,
Mittel, Erfolgserwartungen und fur den einzelnen eine akzeptable
Rolle. Bis es zu ei- ner solchen Organisation kommt, braucht es
Zeit. Terrorist wird niemand uber Nacht. Die Voraussetzung jeder
Alternativkultur, also auch der politischen Alterna- tivkultur des
Terrorismus, ist die Problematisierung, die Lockerung und
schliesslich die negative Besetzung bisheriger Bindungen. Jede neue
Organisation setzt also Abloesungsprozesse voraus. Diese
Abloesungsprozesse sind zunachst nicht freiwillig, weder gesucht
noch gezielt.
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