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Bildungsprozesse individualisieren, aber, keine Person kann ihre Identitatfiir sich alleine behaupten" (Habermas 1991, S. 16). Den komplementaren Aspekten von unverwechselbarer Bildungsidentitat und Gelegenheitsstruktur des Bildungswesens entsprechen dabei die Perspektiven von Individualisierung und sozialer Struk- turierung. Sich selbst als Subjekt des Bildungsprozesses zu begreifen und Bildungs- partizipation als eigenstandige Leistungen des Subjekts zu sehen, ist eine moegliche Lesart der Modeme. Eine andere Lesart ein und derselben Befunde liefert die Theo- rie sozialer Differenzierung - hier wird eine (z. B. durch die soziale Herkunft be- stimmte) Strukturierung der Bildungsverlaufe angenommen. Die aktuelle sozialwis- senschaftliche Debatte hierzu kreiert Konstrukte, ermoeglicht artifizielle Zurech- nungschemata: Fuhrt eine neue Individualisierung der Lebensfuhrung zur indivi- duellen Verfugbarkeit uber Bildungsbiographien oder fuhrt eine zunehmende Ordnungsmacht gesellschaftlicher Institutionen zur verstarkten Rigiditat sozi- alstruktureller Determinanten des Bildungsverlaufs? Thesen zur "De-Institutionalisierung" und, Re-Institutionalisierung" (vgl. hierzu BergerlHradil 1990; Zapf 1990; Wohlrab-Sahr 1992) stehen zudem un- bestimmt zur Frage, ob der - trotz paradigmatischer Aufgeregtheit nirgendwo bestrittene - Wandel der sozialen Konstruktionen, Institutionen und individuel- len Verarbeitungsmuster in der Modeme vielleicht nur uber eine differenzierte Analyse zur neuen widerspruchlichen DoppeIgesichtigkeit von Individualisie- rung und Institutionalisierung erfahrbar gemacht werden kann. Die UEberlegungen zur individuellen Verfugbarkeit des Bildungsprozes- ses und zur institutionellen Verfugung uber Bildungsverlaufe zielen jeden- falls auf die Frage, ob es ein intersubjektiv geteiltes Konstruktionsgebaude zum Verhaltnis von Bildung und Gesellschaft gibt. Inwieweit koennen Individuen sozialstrukturelle Einflusse so verarbeiten, dass ihre Identitat eine durch sie entschiedene ist? Und die Frage nach der "Subjektau- tonomie" (Deutsche Forschungsgemeinschaft 1990, S. 67f.
Das dritte J ahrbuch fur Sozialokonomie und Gesellschaftstheorie, das von der Hochschule fur Wirtschaft und Politik herausgegeben wird, befa t sich mit einem Thema, das die Arbeit der Hochschule entscheidend pragt, der Studienreform. Der Anspruch dieses Jahrbuchs reicht uber den der Selbstreflexion der eigenen Arbeit weit hinaus. In der Bundesrepublik ist die zweite Phase der Hochschulre- form gerade erst angelaufen. War das Hochschulrahmengesetz Endpunkt einer wie auch immer zu wertenden Verwaltungs-und Selbstverwaltungsreform in der deut- schen Hochschullandschaft, so beginnt jetzt mit der Arbeit der regionalen und uber- regionalen Studienreformkommissionen die materielle Reform der Hochschulen, die Neuordnung der Studiengange. Die Hochschule fur Wirtschaft und Politik bringt als ihren Beitrag zu dieser Arbeit das Konzept eines wissenschaftlichen Studiengan- ges fur Berufserfahrene ein, den SozialOkonomischen Studiengang, der gleichbe- rechtigt neb en den wirtschafts-und sozialwissenschaftlichen Studiengangen der Uni- versitat stehen soli, deren Voraussetzung die allgemeine Hochschulreife ist. Dieser Studiengang soli aber nicht nur an der Hochschule fur Wirtschaft und Politik verwirklicht, sondern als ein mogliches Modell der wirtschafts-und sozial- wissenschaftlichen Berufsbildung an allen Hochschulen der Bundesrepublik ent- wickelt werden. Die Notwendigkeit, die Ausbildung in den wirtschafts- bzw. sozialwissenschaft- lichen Fachbereichen der Hochschulen zu reformieren, ist so gut wie unbestritten. Das ist zum einen bedingt durch die neuen Voraussetzungen, die der Reform von Studiengangen durch die Hochschulgesetzgebung in Bund und Landern gesetzt wor- den sind, andererseits durch die Veranderungen der okonomischen Rahmenbedin- gungen, unter den en die wirtschafts-und sozialwissenschaftliche Berufspraxis steht.
Die Hochschule fUr Wirtschaft und Politik Hamburg, 1948 als Akademie fUr Ge meinwirtschaft gegriindet, ist eine wissenschaftliche Hochschule, die eine integrierte wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Ausbildung in den Fachern Betriebswirt schaftslehre, Rechtswissenschaft, Soziologie und Volkswirtschaftslehre vermittelt. Die Struktur der Hochschule wird dadurch besonders gepragt, dag an ihr Studenten mit abgeschlossener Berufsausbildung oder mehrjahriger Berufspraxis nach einer Aufnahmepriifung gemeinsam mit Studenten mit nur schulischer Zugangsberechti gung studieren, insofern ist sie die einzige wissenschaftliche Hochschule des zweiten Bildungsweges in der Bundesrepublik. Die guten Beziehungen zwischen der Hochschule und den Organisationen der Arbeitnehmer bestehen seit der Griindung der Vorlauferinstitution, an der Gewerk schafter wie Genossenschafter maggeblichen Anteil hatten. Dies setzt bis heute auch Akzente fUr die Arbeit der Wissenschaftler der Hochschule in Forschung und Lehre. So kooperiert die Hochschule fUr Wirtschaft und Politik z.B. in verschiede nen Forschungsprojekten mit gewerkschaftlichen Organisationen und fUhrt einzelne Lehrveranstaltungen durch, an denen auch Arbeitnehmer gemeinsam mit den Studenten teilnehmen. Der nun vorliegende Band "Wissenschaft und Arbeitnehmerinteressen" des J ahrbuchs fUr Sozialokonomie und Gesellschaftstheorie enthait Aufsatze zu einigen der vielen Beriihrungspunkte zwischen Hochschule und Arbeitswelt, die exemplarisch fUr die Verflechtung zweier scheinbar so entfernt liegender Teilbereiche unserer Gesell schaft sind."
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