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Kaum ein psychotherapeutisch ausgebildeter Psychiater, der zugleich psychopharmakolo- gisch geschult ist, wird heute die enge und vieWiltige Wechselbeziehung von Medikamen- tengabe und Psychotherapie bestreiten. Obwohl nun diese Interaktion von somatischen und psychologischen Therapieformen fast eine Binsenweisheit ist, hat man sie vergleichs- weise wenig untersucht. Die wichtige Thematik wird am Rande der Themen Compliance und Placebo abgehandelt und dies in einer Zeit, in der das MiBtrauen der BevOlkerung Medikamenten gegeniiber, insbesondere aber gegeniiber Psychopharmaka rasch anwachst. SchlieBlich behandeln wir keine bewuBtlosen Gewebskulturen, sondern lebendige Menschen in einem komplizierten sozialen Setting. Der Effekt eines Psychopharmakons resultiert daher nicht nur aus seinen experimentell nachgewiesenen pharmakodynami- schen Wirkungen, sondern auch aus den komplexen sozialen Interaktionen im Rahmen eines medizinischen Zeremoniells. Die groBe Bedeutung von sogenannten "unspezifischen Behandlungsfaktoren" wird durch die oft erstaunlichen Behandlungserfolge der Medizin- manner und Arzte primitiver Kulturen illustriert, Ergebnisse, die in volliger Unkenntnis der zugrunde liegenden Ursachen der Erkrankungen erreicht wurden [12]. Die bekannt hohe Streuung der Wirkung bei Psychopharmaka ist hOchstwahrschein- lich mit den spezifischen Einstellungen und Angsten der Patienten beziiglich dieser Medi- kamente zu erklaren. "Giftige, chemische Zwangsjacke", "rosa Brille fUr die Seele". Warum wurde nun dieses enorm wichtige, fUr die effektive Organisation von Behand- lungssettings so entscheidende Gebiet bisher von der Forschung nahezu ausgeklammert? Offensichtlich weil es jeweils nur ganz am Rande der traditionell geteilten Gebiete wie Psychopharmakologie, klinische Psychiatrie, Sozialpsychiatrie oder Psychotherapie liegt.
Was haben Religion und Glaube mit einer psychotischen Erkrankung zu tun? Was unterscheidet religioeses Erleben in einer Psychose von nichtpsychotischer Religiositat? Hier wie da gibt es Erlebnisse, die sich unserem unmittelbaren, rationalen Verstandnis entziehen. Nach einer Phase der Pathologisierung religioesen Erlebens wird nun eher auf die haltgebende und resilienzfoerdernde Funktion von Religion und Religiositat und auf die subjektive Bedeutung fokussiert. Die theoretischen und klinischen Beitrage dieses Bandes beschaftigen sich mit der Bedeutung religioesen Erlebens fur die intrapsychische Dynamik psychotischer Patienten und Patientinnen sowie mit den sich daraus ergebenden Besonderheiten der UEbertragung und Gegenubertragung in der psychoanalytischen Psychosenbehandlung.
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