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1.1. Stand der Diskussion zur Integrationspiidagogik und Entwickiung der FragesteUung Die Integrationspadagogik kann inzwischen auf eine mehr als 20jabrige Geschichte ZUIiickblicken. Die Diskussion tiber die gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder in Kindergarten und Schule setzte in der (alten) Bundesrepublik Deutschland in der zweiten Halfte der 60er Jahre ein, wurde beeinflufit durch skandinavische Modelle, spater auch durch italienische, positiv verstarkt durch die Empfehlung des Deutschen Bildungsrates "Zur padagogischen Forderung behinderter und von Behin derung bedrohter Kinder und Jugendlicher" I von 1973 und hat bis heute drei Entwicklungsphasen durchlaufen. Wolfgang Dicbans beschreibt diese fUr den Elementarbereich (KindergartenlKindertagesstatte)2: a) Kennzeichnend fUr die erste Phase (1968-1978) waren Einzelinitiativen von Einrichtungen und Personen, die die gemeinsame Erziehung be hinderter und nichtbehinderter Kinder erprobten. b) Der zweite Zeitraurn (1978-1987) ist als Phase der Modellversuche zu charakterisieren. In der Mehrzahl der (alten) Bundeslander wurden urn fangreiche Modellversuche gestartet, von denen einige eine intensive wissenschaftliche Begleitung erfuhren. Daneben richtete das Deutsche Jugendinstitut (DJI) in MUnchen eine Projektgruppe zum Thema "Integration von Kindem mit besonderen Problemen" ein, die insbe sondere die Entwicklungen der integrationspildagogischen Praxis im Deutscher Bildungsrat: Empfehiungen der Bildungsltommission. Zur plldagogischen FOrderung behinderter und von Bebinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher, Bonn 1973."
Das Buch untersucht das Verhaltnis zwischen Normalitat, Behinderung und Geschlecht am Beispiel der Gesamtwerke der (Behinderten-)Padagoginnen Barbara Rohr und Annedore Prengel. Die Ergebnisse sind eindeutig: Behinderung wird immer in Abhangigkeit von gesellschaftlicher Normalitat definiert, wobei sich deutliche Differenzierungen vor dem Hintergrund der Kategorie Geschlecht ergeben.
Das Buch gibt einen Einblick in die unterschiedlichsten
Fachdisziplinen (von Medizin uber Raumplanung bis hin zur
Betriebswirtschaftslehre) und ihre geschlechterspezifischen
Spannungsfelder.
I. Die Geschlechterdimension in der Integrationspadagogik beinhaltet unter schiedliche Geschlechterverhaltnisse. Orientierungshalber voranzustellen sind folgende drei Geschlechterkonstellationen: zwischen Madchen und Jungen als primarer Zielgruppe der Integrations padagogik, zwischen Muttern und Vatern als Initiatoren und Zielgruppe dieses neuen padagogischen Ansatzes, zwischen den beruflich an der Integrationspadagogik beteiligten Frauen und Mannern. Dabei ist zu bedenken, dass sich Geschlechterverhaltnisse und Strukturen der Padagogik gegenseitig beeinflussen. Im umfassenden Sinne ist die Geschlechterdimension in der Integrations padagogik noch nicht untersucht worden; dies betrifft sowohl den theore tisch-systematischen als auch den historisch-empirischen Zugang zum The ma. Wenn Geschlechterbeziehungen untersucht werden, dann verweisen die Ergebnisse in der Regel auf ungleiche - hierarchisch strukturierte - Verhalt nisse sowohl bei den Zielgruppen der Integrationspadagogik als auch bei den in diesem Feld beschaftigten Berufsgruppen: So zeigt z. B. eine quantitative Erhebung uber die Beteiligung von Madchen und Jungen an der Integrations padagogik im Bereich der Grundschule, dass dort innerhalb der ersten zehn Jahre des Versuchs (1977-1986) unter den behinderten Kindern Jungen stark uberwogen, wahrend unter den nichtbehinderten Kindern Madchen uberre prasentativ vertreten waren (vgl. 2. 1. 1. ). Welches qualitative Verhaltnis zwi schen behinderten und nichtbehinderten Madchen und Jungen daraus resul tiert, wird in der kritischen Frage deutlich: "Sind Madchen die Integrations helferinnen par excellence?"z Aber auch die an der Integrationspadagogik V gl. Annedore Prengel: Statistische Daten aus Integrationsprojekten 1976-1986, in: Helga Deppe-Wolfinger, Annedore Prengel, Helmut Reiser: Integrative Padagogik in der Grundschule. Bilanz und Perspektiven der Integration behinderter Kinder in der Bundesrepublik Deutschland 1976-1988, Munchen (Juventa/DJI) 1990, S. 39."
In dem Titel dieser Expertise ist implizit die Annahme enthalten, dass es zweckmassig ist, geschlechtsspezifische Analysen zur Lebenssituation von Ju gendlichen anzufertigen, weil Jungen und Madchen mit unterschiedlichen Er ziehungszielen, Verhaltensanforderungen und Lebenschancen in dieser Ge sellschaft konfrontiert werden. Nach meinen Erkenntnissen sind diese Unterschiede aus der geschlechts spezifischen Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau zu erklaren. Die Situation der Frauen und die Rollenbilder fur Mann und Frau werden durch diese Ar beitsteilung gepragt. Sie sind die wesentlichen Orientierungspunkte fur die Le bensvorstellungen von Madchen und jungen Frauen. Um diesen Zusammen hang zwischen der Lebenswelt der Erwachsenen und der Perspektive der Mad chen angemessen zu erfassen, will ich den Abbau sozialstaatlicher Massnahmen auf dem Hintergrund der Entwicklung der geschlechtsspezifischen Arbeitstei lung in ihrer Wirkung auf Frauen im ersten Teil darstellen. Eine reprasentative und umfassende Untersuchung uber die Einsparungen in den offentlichen Haushalten kann in dieser kurzen Expertise nicht geleistet werden. Ich gehe deshalb exemplarisch vor und zeige im zweiten Teil Auswir kungen des Abbaus von sozialstaatlichen Massnahmen auf Madchen an einigen Beispielen auf, die zentrale Lebensbereiche betreffen. In dem dritten, abschliessenden Teil der Expertise frage ich nach den Per spektiven fur die achtziger Jahre und versuche die Entwicklung in wichtigen Problemfeldern zu skizzieren."
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