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Christoph Klotter widmet sich der Frage, auf welche Weise
Ernährungsgewohnheiten unsere kulturelle und soziale Identität
prägen und warum ausgerechnet das Thema Essen so wichtig für
unser Selbstverständnis ist. Der Autor erläutert die Geschichte
der Esskultur von Pythagoras und Platon bis hin zu den
Ernährungsformen der modernen Avantgarde. Dabei geht er auf die
Bedeutung von Essgewohnheiten innerhalb der Familie, verbreitete
Essstörungen, Bewegungen wie Vegetarismus und Veganismus sowie
kulturelle und ethische Fragen des Fleischkonsums ein.
Die Menschen in Deutschland haben ein gleichgultiges bis schlechtes
Verhaltnis zu unserer Gesellschaft. Tatsachlich hat die Moderne,
also die letzten 200 Jahre, der Bevoelkerung einen historisch
beispiellosen Fortschritt geschenkt: Demokratie, Menschenrechte,
soziale Sicherungssysteme, nutritiver UEberfluss. Doch gewurdigt
wird dies wenig. Das mag daran liegen, dass wir uns im Sinne
Diderots permanent bewahren mussen, wir also in einer
Leistungsgesellschaft leben, die Leiden produziert. In der Moderne
sind jedoch auch totalitare Ideologien entstanden und umgesetzt
worden, fur die die Moderne auch verantwortlich ist. Dieses
essential zeigt, dass die Psychologie sich bei naherem Hinsehen als
Verteidigerin der guten Anteile der Moderne entpuppt.
Die Autoren entfalten, ausgehend von der Schrift Diderots uber
Gesellschaft ('Soziabilitat') und Industrie in der franzoesischen
Enzyklopadie von 1752, ein Panorama der Diskurse von Gleichheit und
Selbstbestimmung sowie, dazu kontrastiv, das Prinzip 'Souveranitat'
als Begrundung fur autoritare und totalitare Sozialformen. Anhand
historischer Quellen aus Literatur und Philosophie zeichnen sie
Veranderungen nach, denen das Denken dabei unterworfen war. Bei der
Aufklarung beginnend, fuhrt sie ihr Weg uber die Franzoesische
Revolution, die 1848er Revolution, die Anfange der Arbeiterbewegung
und des Anarchismus zu den Kulturavantgarden des 20. Jahrhunderts.
Die Autoren verstehen ihre Arbeit als Beitrag zu einer
Rekonstruktion der kritischen Theorie der Gesellschaft und des
Subjekts.
Der vorliegende Band beschaftigt sich zum einen mit der Reduktion
des Essens auf eine naturwissenschaftliche Perspektive und
moralisches Gebot und hebt zum anderen die kulturelle und soziale
Bedeutung hervor. Seit der Entstehung der Ernahrungswissenschaft
Mitte des 19. Jahrhunderts haben wir uns daran gewoehnt, von
Vitaminen, Proteinen und Kohlehydraten zu sprechen. Wir betrachten
Lebensmittel aus naturwissenschaftlicher Sicht, loesen sie in
einzelne Bestandteile auf und quantifizieren diese, um
festzustellen, wie viel wir von welchem Inhaltsstoff zu uns nehmen
mussen, um uns gesund zu ernahren. Die Ernahrung hat dann die
primare Aufgabe, die Gesundheit zu erhalten und das Leben zu
verlangern. Wer sich dieser Aufgabe verweigert, wie vermeintlich
die Adipoesen, darf moralisch verurteilt werden. Ernahrung und
Gesundheit haben sich so moralisiert. Somit wird mittels der
empfohlenen Ernahrung ein zentraler abendlandischer Wert
vermittelt, der der Massigung. Von Platon bis zur protestantischen
Ethik, die unser Leben heute bestimmt, wird Massigung eingefordert,
heute uber das rigide Schlankheitsideal.
Kaum merklich hat sich vermutlich seit den 90er Jahren des letzten
Jahrhunderts eine neue Generation Jugendlicher formiert, die sich
konstitutieren muss ohne Ruckgriff auf ein ganzes Arsenal an
Utopien und politischer Visionen, die spatetstens mit dem
Zusammenbruch des sogenannten Ostblocks obsolet geworden sind. Ein
wesentliches Kernelement dieser Utopien war die Romantik und deren
Ableger wie die Lebensreformbewegung oder die 68er Bewegung.
Dementsprechend geht es um eine historische Kontrastierung: Jugend
im Zeichen von Romantik und die Jugend nach der Romantik. Die Frage
bleibt: Durch was wird Romantik ersetzt?
In der Auseinandersetzung mit de Sade und Freud erhalt der Leser
eine Anregung, die Geschichte des Boesen neu zu denken, das Boese
als Teil des Menschen und seiner Kultur zu denken. Neben
Errungenschaften wie Demokratie, Menschenrechten und persoenlicher
Freiheit wird namlich zu oft vergessen, dass dieser Kultur auch
Schattenseiten innewohnen. Dass der Mensch fragmentiert ist,
widerspruchlich fuhlt und handelt, wird negiert. Als Folge vertieft
sich seine Zerrissenheit. Das Buch ist somit auch eine Anregung fur
die wachsende Anzahl derer, die sich derzeit daruber Gedanken
machen, warum das Boese offenkundig erstarkt und sich ungehemmt
zeigt.
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