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Mit Inkrafttreten des Reichsimpfgesetzes 1874 formierten sich die
latent vorhandenen Kritiker zu einer organisierten
Impfgegnerschaft. Um deren Beweggrunde, Argumente und die
Verbindungen der Protagonisten untereinander zu erfassen, bietet
sich ein regionaler Bezugsrahmen an. Er ermoeglicht es, die
individuellen Kontexte der Impf(zwang)gegner zu ermitteln, ihre
Vernetzungen aufzudecken und zu zeigen, wie dieses Netzwerk
arbeitete. Zudem wird untersucht, inwieweit die Impfgegner in
Hessen in die zeitgenoessische Lebensreformbewegung integriert
waren. Moderne Impfkritiker, die uber das World Wide Web vernetzt
sind, tragen mit dazu bei, dass schwerwiegende
Infektionskrankheiten wie Masern immer wieder ausbrechen.
Das Koenigreich Westphalen (1807-1813) ist vielfach als ein
beschrieben worden, in dem vor allem verwaltungs- und
gesellschaftspolitische Modernisierungen mit zum Teil durchaus
nachhaltiger Wirkung erfolgt sind. Die Studie untersucht vor diesem
Hintergrund das bislang kaum berucksichtigte Medizinalwesen. Nach
der Charakterisierung der Ausgangsstellung bei Grundung dieses
kunstlichen Staatsgebildes wird die weitere Entwicklung des
Gesundheitswesens analysiert. Dabei geht der Autor auch der Frage
nach, in wie weit die franzoesischen Verhaltnisse als Anleihe und
Orientierung fur eine in Aussicht gestellte Medizinalreform dienten
und welche Dringlichkeit medizinische und staatliche Vertreter ihr
beimassen. Die Publikation zeigt, welche Intentionen verfolgt
wurden und in welchem Masse Modernisierungen im Gesundheitswesen
tatsachlich stattgefunden haben. Die Ambivalenz zwischen aktiver
Neugestaltung in einigen Bereichen des Gesundheitswesens bei
gleichzeitiger Verzoegerung und Verschleppung einer umfassenderen
Reform werden im Kontext der politischen und oekonomischen
Entwicklung des Koenigreichs gedeutet.
Die akute Appendizitis gilt in der heutigen Zeit als die haufigste
operationsbedurftige Erkrankung des Bauchraums und als die
Hauptursache des akuten Abdomen. Seit Anfang des 20. Jh.s ist die
Appendektomie als Therapiemassnahme bei akuter Appendizitis eine
der am meisten durchgefuhrten chirurgischen Eingriffe, sodass sie
mittlerweile zur Routine gezahlt wird. Jedoch weit weniger bekannt
ist die Tatsache, dass die Existenz des Wurmfortsatzes erst am Ende
des 15. Jh.s durch Leonardo da Vinci erkannt wurde und das
Krankheitsbild einer entzundeten Appendix vermiformis erst viel
spater im 19. Jh. unter den Medizinern etabliert war. Vor diesem
Hintergrund untersucht die Autorin, wie sich der Weg hin bis zur
Entdeckung der Appendix vermiformis und die Etablierung des
Krankheitsbildes und dessen Therapie im klinischen Alltag
gestaltete und welche Grunde diesen Weg zu einem langwierigen
machten.
Um 1800 hatte die Geburtshilfe begonnen, sich als eigenstandige
Fachrichtung zu etablieren, und AErzte nahmen sich zunehmend eines
bis dahin allein von Hebammen bestrittenen Aufgabenbereichs an. Die
geburtshilflichen Fachbucher zeigen vor allem wahrend der Zeit der
Romantik neue Gedankenansatze zu Schwangerschaft und Geburt auf,
welche sich auf physiologisch-anatomische Forschungen und
Grundannahmen der romantischen Medizin grunden. Bei dem Versuch,
die Auffassungen der Geburtsmediziner dieser Zeit uber die
Verbindungen der Schwangeren zu ihrem Kind nachzuzeichnen, wird der
Frage nachgegangen, ob das Ungeborene als Individuum oder pars
viscerum der Mutter verstanden und ab wann es als Mensch definiert
wurde. Zudem werden Theorien zum ausloesenden Moment der Wehen
dargestellt und dabei erarbeitet, inwieweit das Kind zu seiner
Geburt aktiv beitragt.
Unter dem Einfluss neuer Ansatze und Methoden der
wissenschaftlichen Bearbeitung von dinglichen Objekten als Quellen
fur historische Forschung beschaftigt sich die Provenienzforschung
innerhalb der Museologie intensiv mit der "Sprache der Objekte".
Die Autorin betreibt Provenienzforschung an drei ausgewahlten
Objekten der anatomischen Sammlung der Universitat Marburg, die im
Museum Anatomicum - Medizinhistorisches Museum der
Philipps-Universitat Marburg ausgestellt sind, und bringt die
Objekte so "zum Sprechen". Dabei bieten anatomische Praparate
menschlichen Ursprungs ("human remains") erweiterte Perspektiven.
Denn neben ihrer Objektgeschichte selbst koennen auch die Lebens-
und Leidensgeschichten der Personen, die hinter den Praparaten
stecken, anhand von Patientenakten, Sektionsprotokollen und
Katalogeintragen rekonstruiert werden.
Adalbert Friedrich Marcus (1753-1816) setzte als bedeutender
Mediziner zahlreiche gesundheitspolitische Innovationen durch. Eine
Voraussetzung fur diese weitreichenden Handlungsoptionen war die
Konversion vom judischen zum christlichen Glauben. Die Beitrage
dieses Bandes verorten Marcus in seinen familiaren,
gesellschaftlichen und kulturellen Bezugen und Vernetzungen. Im
Vergleich mit anderen judischen AErzten der Sattelzeit (Stieglitz,
Herz, Wolf, Henle, Stilling, Eichelberg) werden Bedingungen des
Wirkens und Strategien der Karriereplanung analysiert. Nicht alle
konvertierten, so dass auch der persoenliche Stellenwert ihrer
Religionszugehoerigkeit thematisiert wird. Das Rundtisch-Gesprach
zielt auf eine strukturelle Zusammenschau und Bewertung der
individuellen Strategien judischer AErzte; sie werden in ihren
Bedingungszusammenhangen diskutiert, um zugleich weitere
Forschungsperspektiven zu konturieren.
Das in Samuel Hahnemanns umfangreicher UEbersetzertatigkeit
entstandene "Handbuch fur Mutter" ist die erweiterte Bearbeitung
eines revolutionaren franzoesischen Textes nach Rousseau. Es reiht
sich in eine grosse Zahl padagogisch-medizinischer Ratgeber ein,
die im spaten 18. Jahrhundert als Folge der Aufklarung und der
Entwicklung von an Locke und Rousseau orientierten padagogischen
Konzepten erschienen sind. Die kommentierte Textausgabe stellt die
Erweiterungen, aber auch Auslassungen Hahnemanns gegenuber der
anonymen franzoesischen Vorlage dar und ordnet sie in den Kontext
der Aufklarung, der Reformpadagogik, der Franzoesischen Revolution
sowie der konkurrierenden medizinischen und padagogischen Schriften
und ihrer zeitgenoessischen Rezeption ein.
Die Autorin befasst sich mit dem Thema Pflege in der Fruhen
Neuzeit. Krankenpflege in dieser Zeit wird vor allem mit
religioesen Orden und Gemeinschaften in Verbindung gebracht. UEber
die weltliche Krankenpflege ist hingegen wenig bekannt, noch
weniger uber die Personen, die pflegten. Das Buch untersucht diesen
Themenkomplex anhand des Hospitals Merxhausen. Im Zentrum stehen
die Personen der Aufwarter und Aufwarterinnen, ihre
Arbeitsverrichtung sowie ihr Verhaltnis zu den Hospitalsinsassen.
Darauf aufbauend werden grundlegende Fragen zu Hygiene und Medizin,
aber auch zu Gewaltanwendung und Einsperrung in einem Hospital der
Fruhen Neuzeit behandelt.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatte man sich mit allen heute
gangigen Methoden der Gefasschirurgie auseinandergesetzt und in
diesem Bereich der Chirurgie binnen weniger Jahre wichtige
Erkenntnisse gewonnen. Gemass der oftmals aufgestellten These, ein
Krieg bringe fur die Medizin, speziell die Chirurgie, Fortschritte,
bot sich den Medizinern mit Beginn des Ersten Weltkrieges die
Gelegenheit, dieses Wissen zu festigen und zu erweitern.
Zeitgenoessische Berichte damals tatiger Kriegschirurgen stellen
jedoch deutlich die widrigen Bedingungen an der Front dar, die es
nahezu unmoeglich machten, die bisherigen Erkenntnisse erfolgreich
umzusetzen, geschweige denn Fortschritte in diesem komplexen
Bereich der Chirurgie zu erzielen.
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