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Erving Goffmans zeitlose Klassiker liefern eine unpratentiose, alltagsnahe und hinterlistige Soziologie: Er holt seine Leser an ihrer Alltagserfahrung ab, verfremdet diese langsam und fuhrt sie so zu Grundeinsichten der Disziplin: Er zeigt an leicht nachvollziehbaren Szenen der face to face-Interaktion, wie bemerkenswert das scheinbar Unbemerkenswerte ist. Es geht Goffman um Erkenntnis der Tanze, Spiele, Rituale, Darstellungen - wie auch immer man es nennen mag - in denen wir uns in Interaktionen aufeinander beziehen und eine gemeinsame Realitat sichern. Das geschieht immer im Wissen, dass diese Realitat delikat und zerbrechlich ist und es an uns und unserer Handlung in Situationen liegt, sie zu sichern, Gesichter zu schutzen und Stabilitat zu leisten. Goffman legt das Skalpell an diese kleinen, unscheinbaren Interaktionen an und deckt so auf, welche Leistung und welcher Aufwand hinter dem steckt, was wir fur selbstverstandlich halten: was fur ein kleines Wunder Alltagsinteraktion sein kann. Das bietet er uns in einem einzigartigen Stil: Durch Metaphern hindurch ordnet er unsere Interaktionen, um uns die Welt in einem neuen Licht sehen zu lassen. Das tut er immer wieder anders, immer wieder aufs Neue, ohne Pietat vor "Begriffen," "Definitionen," "Methoden" oder anderen ublichen Legitimitatsankern der Wissenschaft. Obwohl sich immer wieder auf Goffman bezogen wird - er ist einer der meistzitierten Autoren der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften uberhaupt - ist nur wenig goffmaneske Arbeit zu finden. Die Aktualitat von Erving Goffman besteht nicht darin, ihn in Theorieseminaren am Leben zu halten, sondern darin, seine einzigartige Herangehensweise zur Analyse sozialer Interaktionen weiter zu nutzen und zu verbreiten. "
Die vorliegenden Texte nehmen Bezug auf die grundlegenden Arbeiten Howard S. Beckers, Herbert Blumers und Stanley Fishs, deren Ansatze in erster Linie die lokale Kategorisierung im interaktiven Raum zwischen in konkreten Situationen handelnden Menschen betonen. Sowohl die interaktionistische Devianzsoziologie als auch der Rechtspragmatismus haben in diesem Sinne lange gegen die Position opponiert, Abweichung bzw. Kriminalitat waren bereits im Vergleich von Verhalten mit sozialen bzw. rechtlichen Normen abstrakt bestimmbar. Das hat sie dazu bewogen, nicht Kategorien und ihre Erfullung zu untersuchen, sondern die Prozesse, in denen solche Bestimmungen lokal geleistet werden: An die Stelle einer Erforschung rechtlicher oder sozialer Normen oder Ordnung haben sie eine Erforschung menschlicher Definitionsaktivitat in Interaktionssituationen gesetzt. Sowohl devianzinteraktionistische als auch rechtspragmatistische Ansatze nehmen diese Aktivitat und ihre Lokalitat ernst: Lebensweltlich ausgehandelte, kontextuale und veranderliche Kategorisierungen, nicht irgendwelche wissenschaftlich-abstrakten Kategorien, sind die einzigen praktisch realen Ordnungen, die wir vorweisen koennen.
Ethnografie hat weiterhin den Geruch von Abenteuer. Der vorliegende
Band bietet eine Heranfuhrung an die ethnografische Haltung und
Praxis, mit der das immersive Abenteuer der Feldarbeit und das
akademische Abenteuer der Schreibarbeit zusammen bestritten werden
konnen.
Crime ist - neben Sex - ein spannendes Thema. Die Boulevardpresse bestatigt das taglich. Gerade aber eine wachsende Zahl von KriminologInnen sieht das anders. Sie finden das Verbrechen langweilig. Kriminalitat ist fur sie das Ergebnis von Etikettierungen. Und diese Etikettierungen interessieren sie - unter interaktionstheoretischen, sozial-oekologischen, polit-oekonomischen und herrschaftssoziologischen Gesichtspunkten. Die Wahrnehmungs- und Bedeutsamkeitsdifferenzen zwischen einem Grossteil der KriminalwissenschaftlerInnen und grossen Teilen der Bevoelkerung sind groesser geworden. Der Band gibt viele Antworten auf die mit diesen Entwicklungen gestellten Fragen.
Michael Dellwing setzt sich mit der Vitalitat von Religion und mit den von der Religionssoziologie zu erklarenden Phanomenen (Konversion, religiose Beteiligung und offentlicher Einfluss von Religion) auseinander. Er stellt die Durchdringung der Religionssoziologie durch das Paradigma der individuellen Wahl dar und zeigt, wie die Idee einer gemeinschaftlichen Religion notwendigerweise auch darin weiter mitschwingt, um schliesslich eine Betrachtungsmoglichkeit der Religion jenseits der personlichen Wahl zu liefern."
Wie leisten Menschen Ordnung in Beziehungen? Wie laufen die Prozesse ab, in denen Menschen kreativ werden? Was leistet ein Tagtraum? Wie handeln Menschen mit kleinen Weigerungen, sich anzupassen, Beziehungen untereinander aus? Wie entwickelt sich eine Ausschreitung? Wie schwer ist es, Alltag realitatsnah zu imitieren? Diese und weitere Fragen behandeln die Beitrage des Bandes "Kleine Geheimnisse des Alltags," der sich einer "geerdeten Soziologie" verschrieben hat. Er lasst interessierte Leser und Leserinnen die Prozesse entdecken, in denen scheinbar einfache Selbstverstandlichkeiten des Alltags erst im Zusammenspiel von menschlichen Praktiken der Bedeutungsaushandlung geleistet werden. Kleinigkeiten und Alltaglichkeiten als aufwandige und kreative Leistungen zu erkennen, die alles andere als "naturlich," "instinktiv" oder "selbstverstandlich" sind, wenn sie naher betrachtet werden, bietet einen Einblick in die "Matrix" der sozialen Welt an einem bestimmten ihrer Knotenpunkte. Der "Alltag" dieses Bandes beschreibt daher keine abgetrennte Sektion der Welt, sondern eine Orientierung zur konstanten Leistung von Bedeutung in einem pluralistischen, "dicht bevolkerten" Universum.
Das Fernsehen, einst ein Schmuddelkind, hat sich in den letzten funfzehn Jahren eine herausgehobene Position erarbeitet, TV-Seriengelten als die "neuen Romane"(Salman Rushdie). Parallel dazu hat sich die Fernsehforschung zu einem neuen Schwerpunkt in den Literatur-, Medien- und Kommunikationswissenschaften entwickelt, vor allem im englischsprachigen Raum. Der Band visiert ein doppeltes Ziel an: Einerseits mochte er einen Beitrag dazu leisten, die bestehenden Beschaftigungen mit der Fernsehforschung an die Sozialwissenschaft anzubinden. Andererseits mochte erdie Diskussion im deutschsprachigen Raum befordern.Der vorliegende Band wahlt einen Zugang uber eine thetische Eingrenzung, um die sozialwissenschaftliche Komponente der Untersuchungen zu betonen und nimmt sich den in den letzten Jahren immer popularer werdenden Figuren von Zombies, Vampiren, Aliens, Geistern, Monstern und anderen fantastischen Figuren an. Den hier versammelten Beitragen geht es darum, wie in Abgrenzung von fantastischen Anderen im Fernsehen und im Film Identitaten und soziale Bedeutungen konstruiert werden. Da Bedeutungen allesamt konstruiert sind, weisen diese "fantastischen Anderen" einzig den Unterschied auf, dass bei "fantastischen Anderen" die "Irrealitat" der Figur mitkonstruiert wird. Der Bandversammelt Originalbeitrage von ForscherInnen aus Deutschland, England, der Schweiz und der Vereinigten Staaten zu einer Reihe gegenwartiger Fernseh- und Filmformate ."
Die Psychiatrie gehorte einmal zu den prominentesten Zielen
soziologischer Kritik: Die Subjektivierung und Verkorperlichung von
Interaktionsproblemen als objektive Krankheitszustande konnte
aus
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