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Mit ›Bildung‹ und ›Digitalität‹ wird ein intensiv diskutiertes Spannungsfeld markiert: Einerseits wird oft die ›digitale Rückständigkeit‹ von Schule beklagt, andererseits aber lassen sich auch pädagogische Skepsis und Hemmnisse nicht einfach übersehen. An dieser Spannung setzen die Beiträge des Bandes an und fragen sowohl nach den Herausforderungen der ›Bildung‹ durch ›Digitalität‹ als auch umgekehrt nach den Anforderungen an ›Digitalität› durch ›Bildung‹. Das macht aber nötig, ›Digitalisierung‹ nicht bloß als (gar technische) Anwendungsproblematik und didaktische Herausforderung aufzunehmen, sondern auch (grundlagen-)theoretisch zu reflektieren. Dabei werden entlang der Fragen nach den jeweiligen Medien-, Subjekt- und Wissensformationen des ›Digitalen‹ auch Konturen eines pädagogischen Strukturwandels erkennbar und diskutierbar.
In dem Band geht es darum, das Phanomen der Leistung in seiner kulturell-gesellschaftlichen und padagogischen Gewordenheit zu rekonstruieren und in seiner Selbstverstandlichkeit und Logik zu dekonstruieren. Aus einer soziologischen Perspektive wird die Zentralitat des Leistungsbegriffs fur die moderne Gesellschaft nachgezeichnet. UEber den historischen Zugang wird gezeigt, wie sich das Paradigma im Laufe der Zeit entwickelt. Praktiken der Leistungskonstruktion - Aufgabenstellungen, Prufungen und Leistungsbewertungen - werden aus padagogischer Perspektive aufgegriffen und kritisch reflektiert. Der Inhalt Entstehungskonstellationen der "Leistung" vor 1900 * Konstellationen der "Leistung" nach 1900 * Konstellationen der "Leistung" am Ende des 20. Jahrhunderts Die Herausgeber Dr. Sabine Reh, Professorin fur Historische Bildungsforschung an der Humboldt-Universitat zu Berlin und Direktorin der Bibliothek fur Bildungsgeschichtliche Forschung des DIPF. Dr. Norbert Ricken, Professor fur Theorien der Erziehung und Erziehungswissenschaft an der Ruhr-Universitat Bochum.
[angefragt 19.07.2011]
Wie kaum eine andere Philosophin provoziert Judith Butler gegenwartig die Diskussion zentraler Kategorien wie Koerper, Identitat und Anerkennung, indem sie verbreitete und nicht selten festgefahrene Denkgewohnheiten irritiert und dekonstruiert. Die Beitrage des Bandes suchen daher eine Lucke zu schliessen, indem sie auch an die Arbeiten Judith Butlers zu Ethik, Politik und Anerkennung anknupfen und die dort entwickelten Zusammenhange von Koerper, Subjekt, Macht und Performativitat in den Blick nehmen und sowohl fur die theoretische Grundlagenreflexion als auch fur die empirische Erforschung von Erziehungs- und Bildungsprozessen zu nutzen suchen.
Ausgangspunkt der Fragestellung ist eine Paradoxie: auch wenn - fast uberall und nicht nur in politischen Sonntagsreden - immer wieder die zentrale Bedeutung des Erziehungs- und Bildungssystems fur die Reproduktion der Gesellschaft betont wird, so ist doch das Bild der Padagogik in der gesellschaftlichen Offentlichkeit fast durchgangig von Mustern der Verachtung der Padagogik bestimmt. Dieser Widerspruchlichkeit geht der Sammelband aus unterschiedlichen Perspektiven nach. Den Autorinnen und Autoren geht es darum, den allzu bekannten Topos der Verachtung der Padagogik genauer zu analysieren und in seiner Bedeutung fur die padagogische Profession auszuloten.
Michel Foucault entwickelt sich gegenwartig zweifellos zu einer der
neuen Bezugsgrossen des padagogischen Diskurses: Nach einer langen
Phase grosser Widerstande innerhalb der deutschsprachigen
Erziehungswissenschaft werden jetzt die materialgesattigten
Untersuchungen der komplizierten Verflechtungen von Wissensformen,
Machttypen und Subjektivierungspraktiken immer haufiger zum Anlass,
neue Reflexionsformen zu erproben. Vor diesem Hintergrund
prasentiert der Sammelband grundlegende erziehungswissenschaftliche
Beitrage, die das Anregungspotential der Arbeiten Michel Foucaults
nutzen und Erziehungspraktiken, Bildungsprozesse und Lernvorgange
auf veranderte Weise in den Blick nehmen.
Wie kaum eine andere soziale Kategorie gilt insbesondere Bildung als Bedingung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben schlechthin. Nur wer gebildet ist, sei in der Lage, den Anforderungen moderner Lebensverhaltnisse Rechnung zu tragen und sie nicht nur aufzunehmen, sondern ihrerseits auch mitzugestalten. Wenn aber Bildung auf (soziale) Teilhabe zielt, dann ist auch Teilhabe an Bildung selbst unverzichtbar und ein systemisches Erfordernis - bedeutete doch der Ausschluss aus Bildung unweigerlich den Ausschluss aus der Gesellschaft. Spatmodern aber sind beide Momente der Teilhabe als Implikationen der Bildung in Zweifel geraten: Weder vermag Bildung noch angemessen gesellschaftliche Teilhabe zu garantieren, noch gilt, dass Bildung allen gleichermassen offen steht. In dem Band wird die Verbindung von Bildung und Teilhabe grundlagen- und gesellschaftstheoretisch sowie empirisch beleuchtet und die (Un )Moeglichkeit von Bildungsgerechtigkeit thematisiert.
Im Zentrum des Bandes steht der Diskurs uber Gewalt und Gewaltverhaltnisse in der Erziehungswissenschaft und die Feststellung, dass es sich hier um ein konstantes padagogisches Problem handelt. Die erziehungswissenschaftlichen Diskussionen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit den unterschiedlichen Phanomenen und Strukturen von Gewalt auseinandergesetzt und dabei einerseits Differenzierungen zwischen koerperlichen und nicht-koerperlichen Gewaltformen herausgearbeitet, andererseits unterschiedlichste - teils auch konzeptionell widerspruchliche - Theorien und Modelle der Gewaltpravention entwickelt. Der Verlauf dieser erziehungswissenschaftlichen Gewalt-Diskurse zeigt dabei, dass es sich um ein grundsatzliches Problem handelt, das gerade auf der Diskussionsebene der Allgemeinen Erziehungswissenschaft von hoher und struktureller Relevanz ist.
153 und als Kennzeichnung von vernunftiger Selbstbestimmung, freier Selbstentfaltung und individueller Selbstverwirklichung qua Wissen und Reflexivitat ausgeben. Es ist vielleicht dieser bis heute immer wieder beschworene Humanismusvorschuss und die daraus resultierende vermeintliche Vorzuglichkeit der Bildung (vgl. Meyer- Drawe 1999a, 162), die jene davor bewahren, allzu leicht mit Machtfragen vermischt oder gar identifiziert zu werden: Dabei gilt Bildung . . . ] trotz aller Unterschiede im einzelnen als der noblere Ausdruck. Erziehung kann, selbst wenn sie mit emanzi- torischen Potentialen ausgestattet wird, an diese Vorzuglichkeit nicht heranreichen 2 (ebd. ) . Nur folgerichtig hat sich insbesondere bildungstheoretisch eine durchaus bis heute gepflegte Thematisierungsform des Verhaltnisses von Bildung und Macht durchgesetzt, die die prinzipielle oder wenigstens ideelle Unvereinbarkeit von Bildung und Macht behauptet und insbesondere in Heydorns Diktum vom Wid- spruch von Bildung und Herrschaft (Heydorn 1979) ihre pointierte Gestalt erhalten hat; auch wenn deren Zuspitzung, dass die Frage der Bildung letztlich nur als Frage nach der Liquidation der Macht (ebd. 337) gelesen werden konne, in dieser Scharfe wohl kaum von allen (noch) geteilt wird, so ist doch das padagogische Selbstbewusstsein insgesamt und auch die damit verknupfte disziplinare Identitat weitgehend von der Uberzeugung gepragt, dass es in Bildung mindestens um die 3 Vermenschlichung der Macht (Heydorn 1980, 7) ginge und gerade nicht um ein Instrument zum Erwerb von mehr Macht (Peukert 1988, 12)."
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